Betrieb und Wirtschaft | 25. Mai 2016

Hieber ist die Billig-Milch ein Dorn im Auge

Der Lörracher Edeka-Händler Dieter Hieber denkt darüber nach, künftig in seinen Märkten die Milch der Edeka-Eigenmarke „Gut&Günstig” aus dem Sortiment zu nehmen.
Seine Gedanken hat er vergangene Woche auf der Facebook-Seite der Hieber-Märkte seinen Kunden mitgeteilt und sie aufgefordert, sich zu äußern. „Wir überlegen, Gut&Günstig-Milch aus dem Regal zu nehmen, würden Sie als Kunden diesen Weg mitgehen?” fragt der Lebensmittelhändler in seinem Facebook-Post.
46 Cent kostet ein Liter Billig-Vollmilch bei Edeka seit Kurzem.

Dieter Hieber findet, dass mehr Markenprodukte gekauft werden sollten, um die regionalen Milchbauern zu unterstützen. Gleichzeitig fürchtet er, dass es für sein Unternehmen zum Bumerang werden könnte, wenn es die Günstig-Milch nicht mehr zu kaufen gäbe. Hieber hat zwölf Läden zwischen Lörrach und Bad Krozingen und ist mit rund 1000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von rund 200 Millionen Euro einer der größten selbstständigen Edeka-Händler in Baden-Württemberg.
Was verkauft wurde
Er nennt in seinem Facebook-Post konkrete Absatzzahlen bei Frischmilch: So wurden in den zwölf Hieber-Märkten in diesem Jahr bisher 79000 Liter Frischmilch mit 3,5 % Fett der Marke „Gut&Günstig” verkauft. Das ist die Edeka-Eigenmarke, die sich preislich an den Discountern orientiert. Seit der jüngsten Preissenkung kostet der Liter 46 Cent. Bei der Schwarzwaldmilch-Markenmilch waren es im gleichen Zeitraum 49000 Liter. Diese Vollmilch   kostet derzeit 1,19 Euro bei Hieber. Seine Botschaft an die Kunden schließt mit den Worten: „Sie als Verbraucher haben die Macht und die Wahlmöglichkeit am Regal – kaufen Sie Discount-Milch oder Markenmilch, es ist Ihre Entscheidung.”
Die Reaktionen der Kunden waren noch zahlreicher als erwartet, berichtet Hieber. Bis Anfang dieser Woche waren es über 1000 „Likes”, sprich zustimmende Daumen-hoch-Zeichen, und mehr als 300 Kommentare. Dabei sagten rund 80 bis 90%, dass sie den Weg mitgehen würden. Es meldeten sich aber auch Kunden und mahnten, die Kundschaft mit dem kleinen Geldbeutel nicht zu vergessen.
„Wir wollen nun die Diskussion im Laden weiterführen”, nennt er den nächsten Schritt. An den Verkaufsregalen soll schon kommende Woche ein Hinweis angebracht werden, dass es den Milcherzeugern besser gehen würde, wenn mehr Markenprodukte gekauft würden.
Auch Veränderungen bei der Warenpräsentation seien möglich, etwa Gut&Günstig-Milch etwas schmaler zu platzieren. „Wir können die gesamte Marktsituation nicht ändern, aber es ist ein kleiner Anstoß für die Kunden”, sagt Hieber.
In den kommenden Monaten will er die Absatzzahlen beobachten und sehen, ob die Kunden wirklich bereit sind, mehr Geld auszugeben. Erst dann will er über die mögliche Auslistung entscheiden: „Ich kann kein Kamikazekommando machen, aber ich habe das Türchen aufgemacht, und jetzt müssen wir schauen, ob die Verbraucher diesen Weg mitgehen.”  Erzeuger, Hersteller und Handel müssten auf eine höhere Wertigkeit beim Thema Lebensmittel hinarbeiten, meint Hieber. Der Kunde habe erkannt, dass „Geiz ist geil” der falsche Weg sei. Er suche Vertrauen und gute Produkte nachvollziehbarer Herkunft. „Ich glaube, dass die Kunden hier weiter sind als Handel und Erzeuger”, sagt Hieber.