Tierhaltung | 25. Januar 2018

GMON Ziege im Dezember gestartet

Von Marie-Rosa Wolber, Dr. Pera Herold
Das Gesundheits- und Robustheitsmonitoring bei Ziegen, kurz GMON Ziege, ist gestartet. Ab sofort können alle Ziegenhalter, die das Onlineprogramm ZDV4M des LKV Baden-Württemberg nutzen, dort Beobachtungen, Befunde und Gesundheitsmaßnahmen eintragen.
Ziel der Managementhilfe GMON Ziege ist es, Kosten und Tierverluste zu reduzieren und das Tierwohl zu steigern.
Damit haben die teilnehmenden Tierhalter nun jederzeit einen Überblick über den Gesundheitsstatus oder  Auffälligkeiten von einzelnen Ziegen im Bestand. Ziel der Managementhilfe  GMON Ziege ist es,  Kosten und Tierverluste zu reduzieren und das Tierwohl zu steigern.  Nur gesunde, robuste Ziegen können über mehrere Laktationen hinweg  hochwertige Milch geben und so den wirtschaftlichen Erfolg des Betriebs sichern.
In GMON Ziege tragen die  Tierhalter selbst  Beobachtungen, Befunde und Gesundheitsmaßnahmen ein. Dabei gelten als „Beobachtungen” vom Tierhalter wahrgenommene  Auffälligkeiten bei einem Tier. Beobachtet werden kann zum Beispiel eine Eutererkrankung, eine Verletzung oder eine Verhaltensauffälligkeit wie das Springen über Stalleinrichtung oder Zäune. „Befunde” sind dagegen medizinisch relevante Veränderungen oder Störungen (Symptome), die normalerweise durch den Tierarzt oder einen Labortest festgestellt werden. Ein Befund ist zum Beispiel das Feststellen einer akuten Verwurmung auf der Basis einer Kotprobe. Einem Befund folgt in der Regel eine „Maßnahme”, zum Beispiel die medikamentöse Entwurmung. Maßnahmen können aber auch vorsorgender Art sein, zum Beispiel Impfungen oder auch das Klauenschneiden. Im Gegensatz zu diesen drei Klassen können Diagnosen nur von einem Tierarzt gestellt werden. Die Diagnose ist die Gesamtbeurteilung der Symptome und entscheidend für die weitere Behandlung. Diagnosen werden mithilfe des Arzneimittel-Abgabe- und -Anwendungsbelegs (AUA-Beleg) dokumentiert.
Daten werden für das Einzeltier erfasst
Die Teilnahme am GMON Ziege ist freiwillig und kann jederzeit begonnen oder abgebrochen werden. Jeder Nutzer kann selbst entscheiden, wie genau die Eintragung erfolgt. Ein Beispiel: Wird beim Melken eine Eutererkrankung beobachtet, so kann entweder nur die übergeordnete Kategorie „Eutergesundheitsstörung” eingetragen oder noch weiter in Unterkategorien wie „Mastitis” oder „Blutmelken” unterschieden werden. Die  Daten stehen den Ziegenbetrieben auch noch nach Jahren zur Verfügung. Dies trägt ebenfalls zu einer erfolgreichen tierärztlichen Bestandsbetreuung und einer erfolgreichen Selektion von Ziegen, Ziegenböcken sowie der eigenen Nachzucht bei. Zudem kann hiermit das Tierwohl im eigenen Bestand dokumentiert werden.
Die Eintragungen im ZDV4M werden derzeit für das Einzeltier erfasst. Jedes Tier, das im ZDV4M mit einer Lebensnummer registriert ist, kann aufgerufen werden. Anschließend kann zu diesem Tier eine Beobachtung, ein Befund oder eine Maßnahme  eingetragen werden.Erfasste Beobachtungen können zum Beispiel eine akute Mastitis, eine Pansenblähung oder Lahmheit sein. Wird beim Melken eine Knotenbildung bemerkt, kann diese als Befund im ZDV4M eingetragen werden. Ebenso können Beistriche, Gabelstriche oder Fisteln erfasst  werden (Abb. 1 - Erfassung von Eutergesundheitsstörungen) und  so bei der  Selektionsentscheidung Verwendung finden.  Weiter können Brunstbeobachtungen eingetragen werden. Dies ist vor allem für Betriebe interessant, die Eigenbestandsbesamungen durchführen.
Magen-Darm-Würmer stellen ein großes Problem bei Ziegen dar. Zunehmend ist eine Resistenzbildung der Parasiten gegenüber den eingesetzten chemisch-synthetischen Wurmmitteln zu beobachten. GMON Ziege erlaubt die genaue Eintragung der verwendeten Wurmmittel nach Wirkstoffgruppen, so dass über Jahre hinweg die verwendeten Mittel nachverfolgbar sind und der empfohlene Wechsel der verschiedenen Wirkstoffgruppen einfach umgesetzt werden kann. Ebenso kann bei doch auftretenden Resistenzproblemen so gemeinsam mit dem Bestandstierarzt schnell eine Lösung gefunden werden. Weitere Maßnahmen wie die Klauenpflege oder die Durchführung des Schalmtests sowie dessen Ergebnis oder das Trockenstellen  erfasst werden.
Da bei den Ziegen eine Züchtung auf hornlose Tiere nicht möglich ist und viele Tiere in Weidehaltung oder in der Landschaftspflege gehalten werden, ist es besonders wichtig, auf charakterstarke und trotzdem  umgängliche  Tiere zu setzen. Insbesondere bei der Fütterung können bei horntragenden Tieren Verletzungen entstehen, wenn ranghohe Tiere ihren Status einfordern. Es gibt allerdings Tiere, die darüber hinaus negativ auffallen. Damit ist das gezielte Aushebeln der Vorderbeine oder aggressives Verhalten gegenüber Kitzen und Jungtieren gemeint. Weiterhin kann ein schwieriger Umgang im Alltag, zum Beispiel extreme Nervosität, die Routinearbeiten erschweren. Mithilfe des GMON Ziege können diese Verhaltensbeobachtungen erfasst werden (Abb. 2 - Erfassung von Verhaltensbeobachtungen beim Einzeltier). Wird  bei einem Tier wiederholt negatives Verhalten beobachtet, sollte in  Erwägung gezogen werden, mit diesem Tier nicht weiter zu züchten und es gegebenenfalls aus dem Bestand zu entfernen. Bei gehäuft auftretenden Verhaltensauffälligkeiten bei einem größeren Teil der Herde können dagegen Haltungs- oder Managementfehler vorliegen.
Beobachtungen, Befunde und Maßnahmen bei Zicklein werden bei der Mutter eingetragen, solange ihnen keine Lebensnummer zugeordnet ist. Erst wenn dem Zicklein eine eigene eindeutige Lebensnummer zugewiesen wird, können Eintragungen direkt zugeordnet werden. Die Aufzuchtphase spielt für die Auswahl der eigenen Nachzucht eine wichtige Rolle. Gerade in großen Beständen ist es wichtig, den Überblick über die geborenen Zicklein zu behalten und deren Entwicklung für die spätere Auswahl als Zucht- oder Schlachttiere effizient zu dokumentieren. Dies wird mithilfe des GMON Ziege möglich (Abb. 3 - Erfassung von Störungen der Zickleingesundheit). Eine Unterkühlung, Flüssigkeits- oder Energiemangel sowie das Auftreten von spezifischen Zickleinkrankheiten wie dem Floppy Kid Syndrom können eingetragen werden. Mithilfe des Monitorings kann erkannt werden, ob es sich um ein betriebliches Problem handelt oder lediglich Einzeltiere negativ auffallen. Es kann an entsprechenden betriebsindividuellen Stellschrauben gedreht und im Anschluss kontrolliert werden, ob das Problem behoben wurde oder nicht. Umgekehrt können positiv auffallende Tiere erkannt und diese als Nachzucht selektiert werden.
Rückmeldungen erwünscht
Das GMON Ziege wird im Zuge des Projekts GoOrganic der Universität Hohenheim und in direkter Zusammenarbeit mit dem LKV Baden-Württemberg ausgearbeitet. Die Schaf(herden)gesundheitsdienste in Bayern und Baden-Württemberg sowie einige ziegenhaltende Betriebe begleiten das Projekt beratend. Der jetzt gestartete Prototyp soll permanent weiterentwickelt werden. Herdeneintragungen, die automatisch dem Einzeltier zugeordnet werden, sind derzeit noch nicht möglich. Eine zeitnahe Umsetzung dieser Möglichkeit ist jedoch geplant. Zukünftig sollen auch Tierärzte das GMON Ziege unterstützen können. Wie im Rinderbereich auch sollen tierärztliche Diagnosen erfasst und ebenfalls im ZDV4M den Ziegenbetrieben zur Verfügung gestellt werden. Des Weiteren soll eine App entwickelt werden, damit die direkte Eintragung im Stall möglich ist.
Damit das GMON Ziege praxisnah weiterentwickelt werden kann, sind die Projektpartner auf die Rückmeldungen ziegenhaltender Betriebe   angewiesen. Möglichst viele davon   sollten das GMON Ziege nutzen, um dieses nachhaltig und zukunftsfähig gestalten zu können. Das Programm ist zeitgleich in Bayern und in Baden-Württemberg gestartet. Eine Besonderheit ist, dass in Baden-Württemberg auch die Fleisch- und Robustziegenhalter das GMON Ziege nutzen können. Die Anmeldung für   ZDV4M und  GMON Ziege erfolgt über den zuständigen Zuchtwart oder direkt beim LKV Baden-Württemberg.
GoOrganic
Das im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung geförderte Projekt GoOrganic startete 2016 und läuft bis 2019. Anhand der Ziegenzüchtung in Bayern und Baden-Württemberg soll es modellhaft zeigen, wie ein ökologisches Zuchtprogramm gemeinsam mit den Züchtern und Produzenten gestaltet werden kann. Weitere Infos unter   www.tierzucht-bw.de → Zuchtwertschätzung → GoOrganic.