Tierhaltung | 11. August 2017

Fünf engagierte Züchter besucht

Von Dr. Thomas A. Schmidt
Im Schwarzwald trafen sich diesmal die Fleischrinderhalter aus Baden-Württemberg zu ihrer im zweijährigen Turnus stattfindenden gemeinsamen Veranstaltung. Fünf Betriebe wurden am 7. und 8. Juli besucht, von der Ortenau bis Baden-Baden. Fachvorträge rundeten das Treffen ab.
Mehr als 50 Jahre hält der vielseitige und innovative Bergbauernhof von Familie Wälde schon Angus-Kühe.
Als erstes Ziel für den Freitagnachmittag hatten die Veranstalter, die Rinderunion Baden-Württemberg (RBW) und das LAZBW Aulendorf, den Peterhof der Familie Wälde in Gutach ausgewählt. Hier wurde Angus-Geschichte geschrieben, war doch Senior Hans Wälde Anfang der 1960er-Jahre ein Pionier der Fleischrinderzucht. Vorausschauend erkannte er  die sinnvolle Kombination von Waldwirtschaft mit Mutterkühen und Fremdenzimmern. Ein piekfeiner Betrieb mit tollen Kühen,  eigenem Schlacht- und Zerlegeraum sowie Ferienwohnungen wurde von Jürgen Wälde mit Ehefrau Melanie und Vater Peter präsentiert. Die Direktvermarktung der Absetzer als Jungrindfleisch spart Futterzukauf und auch der Platzbedarf für die 30 Mutterkühe wird dadurch im neuen Stall im Winter  verringert. 
Rund 60000 Mutterkühe im Land
Beste Vorderwälder-Mutterkühe gab es bei Familie Moser in Biberach-Prinzbach zu sehen.
Nächstes Ziel war der Vorderwälder-Betrieb von Familie Moser in Biberach-Prinzbach. Er  wird im Nebenerwerb geführt, zunächst von Vater Oskar in Doppelnutzung, seit wenigen Jahren als Mutterkuhbetrieb, ab 2017 geleitet von Sohn Philipp. Dass die Vorderwälder-Kühe viel Milch haben, konnte man den super entwickelten Kälbern ansehen. Bewusst wird hier auf die bei Wäldern verbreitete Kreuzung mit Limousin verzichtet, um Zucht und Haltung zu vereinfachen. Sehenswert auch die umfangreichen Umbaumaßnahmen im alten Stall für die Herde von zehn Kühen mit Deckbulle und Nachzucht.
Am Abend im Schwarzwaldhotel in Gengenbach berichtete Zuchtleiter Dr. Schmidt über die aktuelle Situation der Fleischrinderzucht in Baden-Württemberg. Mit gut 60000 Mutterkühen ist der Gesamtbestand  leicht abnehmend, bei stabilen Zahlen in der Herdbuchzucht mit knapp 3300 Kühen über 20 Rassen verteilt, wobei Limousin, Angus und Charolais bereits 60 % ausmachen. Hauptabnehmer im Export waren  2016 Rumänien, Spanien und Bulgarien, wobei Angus am meisten gefragt war. Auf den heimischen Märkten stehen knapp stabilen Absatzzahlen sehr gute Preise gegenüber.
Auf lebhaftes Interesse stieß der Vortrag von Dr. Micha  Herdtfelder von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) zum Thema Wolf. Fundiert
 stellte er  die dynamische Entwicklung der Wolfspopulation in Deutschland, Frankreich und der Schweiz seit dem Jahr 2000 dar. Mittelfristig sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich auch bei uns Rudel ansiedeln werden. In Baden-Württemberg beteiligen sich das Land und die Verbände an dem Projekt „Herdenschutz in der Praxis”, um Möglichkeiten und Grenzen des Herdenschutzes für die Weidetierhaltung aufzuzeigen.  Ergänzend zu diesen Ausführungen stellte Dr. Torsten Sommer als Herdenschutzbeauftragter der RBW dar, dass den Rinderhaltern nicht nur direkte Schäden vollumfänglich und schnell ersetzt werden müssten, sondern auch der  notwendige Mehraufwand und indirekte Schäden durch unruhige bis ausbrechende Herden, Verkalbungen usw. 
Den Reigen der Vorträge schloss Wäldervieh-Zuchtleiter  Dr. Franz Maus. Immer wieder erstaunlich, welch hohe Absetzgewichte die Kälber dieser Rassen in der Mutterkuhhaltung erzielen, dank der guten Milchleistung der Mütter. Rund 7700  Vorderwälder-Herdbuchkühen stehen 2900 der  Hinterwälder gegenüber, mit stetig steigendem Anteil an Mutterkühen von aktuell 20 % bei den Vorder- und  80 % bei den Hinterwäldern.
Stephan Breig erläutert seine Betriebsstrategie mit Charolais und Vorderwäldern.
Die Charolais des Breighofs in Berghaupten waren am Samstagmorgen das Ziel. Vor 28 Jahren wurde hier mit der Umzüchtung auf Charolais begonnen. Gute Herdbuchbullen sind Stephan Breig ebenso wichtig, wie sie es dem noch sehr aktiven Senior Ludwig über all die Jahre waren. Alle Rinder werden mit Angus belegt, damit sie spätestens mit zweieinhalb  Jahren problemlos abkalben. Auf 110 ha Wiesen und Weiden – viele Flächen entlang der Kinzig – werden 60 Mutterkühe mit Nachzucht gehalten. Der einfache, aber  zweckmäßige Offenstall dient im kurzen Winter bei  einem Jahresmittel über 10 °C als Schutz. Ungewöhnlich, dass alle Charolais als Absetzer an regionale Mäster gehen und dafür regelmäßig Kleingruppen Vorderwälder-Bullenkälber angekauft und bis zum Schlachtgewicht von 350 kg gemästet werden. Jedoch passt dies gut zum Futterangebot des Betriebs und bedeutet regelmäßige Einnahmen, in Kombination mit Direktvermarktung und eigenem Zerlegeraum. Ergänzt wird das  Angebot durch einige Schweine  sowie Partyservice und die Verköstigung von Vespergruppen. 
Mittelrahmige, behornte Limousin weiden bei Bernd Müller auf den steilen Schwarzwaldhängen.
Auf „Benny’s Ranch” nahe Lautenbach startete Bernd Müller 1993 mit seiner Limousin-Zucht, deren Endprodukte über die Theken seiner 6 km entfernten Metzgerei in Oberkirch vermarktet werden. Inzwischen besitzt er Anteile am Schlachthof in Oberkirch, um  die Regionalität der Vermarktung für die Zukunft zu sichern. Im Jahr  2000 entstand der sehenswerte Offenstall mit Faltschieber, der  die Arbeitsbelastung im Winter senkt.  Im Sommer werden die steilen Hänge des Schwarzwaldes genutzt, zu schwer dürfen die  23 nicht enthornten  Kühe daher nicht werden.
Beeindruckt
Christine Baumann präsentiert mit ihrem „MacBhriain vom Brandhof” die aktuelle Nummer 3 aller Highland-Bullen in Deutschland: 9-8-8 bewertet, zehn Jahre alt, noch topfit.
Zum Abschluss traf  man sich  mit Christine Baumann zum Mittagessen in der Geroldsauer Mühle, dem neuen Zentrum für landwirtschaftliche Direktvermarktung  vor den Toren Baden-Badens.  Auch der Bio-Betrieb Baumann mit seiner Highland-Cattle-Zucht „vom Oostal” vermarktet hier seine Produkte, die so gut angenommen werden, dass die 35 Kühe mit Nachzucht den Bedarf kaum decken können. Gehalten werden sie auf 200 ha überwiegend schützenswertem Grünland. Beeindruckt  hat das neue Schlachthaus des Betriebs,  EU-zugelassen und seit 2015 in Nutzung.
Mehr als 40 Besucher auf jedem der Betriebe, voller Saal am Freitagabend. Keine Frage, 2019 soll es  ein Wiedersehen geben, geplant ist Oberschwaben!