Politik | 31. August 2017

Frosthilfe läuft an

Von der Redaktion
Das Verwaltungsverfahren für die durch den Aprilfrost geschädigten Winzer und Obstbauern beginnt: Anträge können ab dem 11. September gestellt werden.
Der Spätfrost im April diesen Jahres schädigte viele Winzer extrem stark.
Nachdem nun die Haupternte der durch den Frost besonders stark betroffenen Kulturen Obst und Wein begonnen hat, die Ernte bei Erdbeeren und Kirschen weitgehend abgeschlossen ist, und somit die tatsächlichen Schäden ermittelbar sind, können wir zum 1. September die Verwaltungsvorschrift Frosthilfe 2017 in Kraft setzen”, sagte Landwirtschaftsminister Peter Hauk heute.
Anträge auf Frosthilfe können ab dem 11. September bis zum 30. Oktober 2017 beim zuständigen Landratsamt (Landwirtschaftsamt) gestellt werden. Der Antrag sowie die dazugehörigen Datenblätter zur Ermittlung des Gesamtschadens sind fristgerecht, vollständig ausgefüllt und unterschrieben einzureichen. Noch ausstehende Belege wie Abrechnungen können bis zum 15. Dezember 2017 nachgereicht werden.
Beim Landwirtschaftsamt erhalten die Antragsteller nach Terminvereinbarung Beratung und weitergehende Auskünfte zum Verfahren. Die Antragsformulare können ab dem 11. September 2017 unter www.landwirtschaft-bw.info heruntergeladen werden oder liegen bei den Landratsämtern aus. Unter der gleichen Adresse finden betroffene Unternehmen auch detaillierte weitergehende Informationen zum Verfahren.
Hilfe bei mindestens 30 Prozent Ertragsausfällen
Die Frosthilfe 2017 kann von landwirtschaftlichen Unternehmen in Baden-Württemberg im Haupt- oder Nebenerwerb beantragt werden, die unmittelbar durch das Frostereignis im April bedingte Ertragsausfälle an landwirtschaftlichen und gärtnerischen Kulturen inklusive Obst- und Weinbau haben. „Grundlage ist die nationale Rahmenregelung des Bundes, die wir beachten müssen. Danach können Hilfen nur gewährt werden, wenn eine Mindestschadensschwelle von 30 Prozent der normalen Naturalerzeugung des Unternehmens überschritten ist”, betonte der Minister.
Festgestellt wird das Erreichen der Mindestschadensschwelle auf Basis der betroffenen Produktionsverfahren. Vergleichsbasis ist der vorangegangene Drei- bzw. Fünfjahreszeitraum. Der Ertragsausfall ist durch geeignete Dokumentationen und Unterlagen zu belegen.
Ist die Mindestschadensschwelle eines Produktionsverfahrens überschritten, wird der monetäre Gesamtschaden unter Einbeziehung der Preise aus dem Vergleich des Jahres 2017 mit dem vorangegangenen Drei- bzw. Fünfjahreszeitraum errechnet.
Landtag muss über finanzielle Mittel entscheiden
„Nach Feststellung der tatsächlichen Schadenssumme muss der Landtag über die finanziellen Mittel entscheiden, die am Ende ausbezahlt werden können. Die Hilfe des Landes wird dann Anfang 2018 ausbezahlt, da die notwendigen Landesmittel erst im Haushaltsjahr 2018 zur Verfügung gestellt werden können. Wir streben an, den Betroffenen zur Existenzsicherung bis zu 50 Prozent des Gesamtschadens über einen Zuschuss auszugleichen”, sagte der Minister.
In der Verwaltungsvorschrift ‚Frosthilfe 2017‘ werden unter anderem Mindest- und Maximalbeträge für die Hilfen festgelegt. In besonders begründeten Härtefällen bei sehr hohen Gesamtschäden von über 100.000 Euro und Existenzgefährdung können erhöhte Maximalbeträge gewährt werden.
„Dem Ministerium sind im Gesamtverfahren klare Grenzen gesetzt, die wir aber für unsere Bauern so weit wie möglich ausschöpfen wollen. Am Ende kann das Land nur eine Hilfe zur Existenzsicherung geben. Leider können wir daher nicht alle Schäden ausgleichen”, erklärt der Minister. Das Verfahren wurde mit den Verbänden der betroffenen Erzeuger abgestimmt.
L-Bank unterstützt das VerfahrenHärtefälle und Darlehen
Ein Schadensausgleich in begründeten Härtefällen kann nur in Verbindung mit einem Liquiditätssicherungsdarlehen der L-Bank Baden-Württemberg gewährt werden. Die Verbindung mit einem Darlehen ist vor allem für betroffene Betriebe mit hohen Schadenssummen und entsprechend hohen Liquiditätslücken interessant, da den betroffenen Betrieben sofort wieder liquide Mittel zur Verfügung stehen und durch den Zuschuss der aufzunehmende Darlehensbetrag merklich geringer ausfallen kann als bei einem Kapitalmarktdarlehen.
Die Rolle der L-Bank hierbei: Die Unternehmen können über ihre Hausbank einen zinsgünstigen Kredit mit einer maximalen Darlehenshöhe von 150.000 Euro aufnehmen. Das Darlehen sei mit einer zehnjährigen Laufzeit und zwei tilgungsfreien Anfangsjahren ausgestattet, teilt die L-Bank mit. Bei Bedarf könne die Bürgschaftsbank Baden-Württemberg eine Bürgschaft übernehmen. 
Von einem Härtefall ist auszugehen, wenn der bereinigte Gesamtschaden über 100.000 Euro liegt oder das betroffene Unternehmen durch das Frostereignis in eine Existenz gefährdende Lage gekommen ist und unter Berücksichtigung eines zumutbaren Eingriffs in das Betriebs- und Privatvermögen oder unter Aufnahme eines Kapitalmarktdarlehens eine Weiterbewirtschaftung des landwirtschaftlichen Unternehmens nicht gewährleistet ist. Die Existenzgefährdung ist nach einem vorgegebenen Schema im Antragsverfahren zu belegen.
Das Liquiditätssicherungsdarlehen der L-Bank wird bei der Hausbank aufgenommen. Die Darlehenskonditionen der L-Bank für die Endkreditnehmer sind genauso günstig wie die Konditionen der Darlehen der Landwirtschaftlichen Rentenbank im Rahmen ihres Liquiditätssicherungsprogramms für frostgeschädigte Landwirte. Die Sollzinsobergrenze wird von der L-Bank für die Dauer der Darlehenslaufzeit festgelegt. Diese ist durch das risikogerechte Zinssystem beeinflusst. Eine außerplanmäßige Rückzahlung der Darlehen ist für die Dauer der Sollzinsbindung grundsätzlich nicht zulässig.
Hintergrund
Die Spätfröste in den Nächten vom 19. bis 21. April dieses Jahres führten zu großflächigen Frostschäden in der Landwirtschaft, insbesondere im Wein- und Obstbau. Landesweit wurden etwa ein Viertel des Weinbaus und ein Drittel des Erwerbsobstbaus sehr stark geschädigt. Es werden erhebliche Einkommenseinbußen erwartet, die vor allem in spezialisierten Obst- und Weinbaubetrieben bis zur Existenzgefährdung führen können. Insgesamt wird von Ertragseinbußen in dreistelliger Millionenhöhe ausgegangen, genaue Zahlen lassen sich jedoch erst nach Abschluss der Ernte benennen. Der Ministerrat stufte den Frosteinbruch als ein einer Naturkatastrophe gleichzusetzendes widriges Witterungsverhältnis ein und machte damit den Weg frei für finanzielle Ausgleichsmaßnahmen.