Betrieb und Wirtschaft | 15. April 2015

Freundlichkeit kostet nichts

Von Rolf Leicher
Freundlich zu sein, hilft in Gesprächen und Kontakten weiter. Wenn Stress und Hektik uns im Griff haben, fällt Freundlichkeit aber manchmal schwer. Der Heidelberger Kommunikationstrainer Rolf Leicher gibt Tipps für mehr Freundlichkeit.
Jeder glaubt von sich, dass er freundlich sei. Man begründet diese Behauptung damit, dass sich noch niemand über Unfreundlichkeit beschwert hat. Wenn Freundlichkeit messbar wäre, liegen die meisten im Mittelbereich, könnten sich also verbessern.
Die Frage ist, was kann der Landwirt tun, um seine Freundlichkeit erkennbar und erlebbar zu machen? Gibt es gezielte Maßnahmen,  mit denen man Sympathien signalisiert?  
Wenn die Stimmung locker ist, fällt es leicht, in einem Gespräch freundlich zu bleiben.
Hektik und Stress, denen der Landwirt vor allem in der Saison ausgeliefert ist, lassen vergessen, wie wichtig die emotionale Kompetenz im Kontakt  mit Behörden, Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern ist. Freundlichkeit kostet nichts, bringt aber viel. Sie reduziert die Arbeit in der Landwirtschaft zwar nicht, macht aber die Beziehungen angenehmer. Jeder Gesprächspartner erlebt Ihre Freundlichkeit als repräsentativ für Ihren Betrieb. Freundlichkeit wirkt ausschließlich auf die emotionale Ebene ein, Kommunikation findet eben nicht nur rational, sondern auch emotional statt.
Die Schokoladenseite suchen
So wie Sie über Ihren Gesprächspartner denken, so verhalten Sie sich ihm gegenüber. Freundlichkeit erwirbt man mit positiven Gedanken, mit der Suche nach der „Schokoladenseite” des anderen, auch wenn er als schwieriger Partner gesehen wird.
 Ihre  eigene Einstellung prägt Ihr Verhalten, oft sogar unbewusst. Nur wer positiv denkt, schafft von Anfang kann die Basis für eine angenehme Atmosphäre. Das ist nicht einfach, wenn man sich über einen Verhandlungspartner und dessen Auftreten ärgert. Schließlich werden Sie auch selbst in Ihrer Tagesform oder durch den Verlauf einer Diskussion beeinflusst.
Entscheidend ist, dass Sie schnell erkennen, wenn Ihre eigene Stimmung kippt. Kommt die Erkenntnis spät, wird es schwierig, zurück zur positiven Einstellung zu finden. Hinterfragen Sie mit dem Verstand die eigenen Gefühle, statt sie zu unterdrücken. Nur, wer die eigenen Gefühle bewusst wahrnimmt, kann sie steuern. Vermeiden Sie auch die bekannten Vorurteile: „Der Typ ist rechthaberisch”, „Dieser Bürokrat nervt mich”, „Mit dem kommt niemand zurecht”. Vorurteile belasten nur.
Solange die Meinungen zwischen zwei Parteien übereinstimmen, ist alles im grünen Bereich. Gefahrenpunkte sind die unterschiedlichen Standpunkte, bei denen sich der Landwirt in der Diskussion nicht so schnell durchsetzt. Gespräche finden nicht immer auf „Augenhöhe” statt, wenn eine Person ihr Überlegenheitsgefühl zum Ausdruck bringt. 
Wenn Ihr Gesprächspartner etwas sagt, womit Sie einverstanden sind, teilen Sie ihm das ausdrücklich mit, geben Sie ihm Recht. Nutzen Sie die Chance, dem anderen deutlich zu sagen, dass er Recht hat: „Das stimmt”, „Das sehe ich genauso”, „Damit bin ich einverstanden.” Wer ausdrücklich Recht bekommt, fühlt sich bestätigt und nimmt den Druck aus dem Gespräch.
Vermeiden Sie  den direkten Widerspruch, wenn Sie nicht zustimmen können. Ein „Nein” ist eine negative Bewertung und schadet den Beziehungen. Stattdessen hinterfragen Sie die Meinung, die Ihnen missfällt. Manchmal sind es die einzelnen Worte, die zum Freundlichkeitskiller werden. Ein „Ja ... aber ...” ist in vielen Fällen besser als das krasse Nein. Wenn Wertschätzung und Ausstrahlung von Anfang an stimmen, wird Ihnen der andere eher entgegenkommen und sich kompromissbereit zeigen. Bedanken Sie sich für ein Gespräch, eine interessante Information oder für ein Entgegenkommen? Ein „Danke” drückt   Wertschätzung aus und wirkt freundlich.
Jemanden zu unterbrechen, ist eine Beziehungsstörung. Bei Vielrednern kann man den Redefluss unterbrechen ohne unfreundlich zu sein. Hierzu eignet sich die N.E.B-Methode. Nennen Sie zuerst den Namen des Gesprächspartners, entschuldigen Sie sich dann für Ihre Unterbrechung und begründen Sie kurz, weshalb Sie ihm ins Wort fallen. Beispiel: „Herr Wagner (N), entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche (E), aber das hatten Sie mir doch schon per Mail mitgeteilt (B)”.
Zeigen Sie Ihre Bereitschaft zuzuhören auch durch Blickkontakt. Am Telefon zählen Bemerkungen wie „Hm, aha, so, ja” zum aktiven Zuhören.  Wer aktiv zuhört, greift die Aussage des Partners auf, stellt noch mal eine Frage oder kommentiert seine Aussage.
Ärger ist Gift für Freundlichkeit, aber auch ein Hinweis, dass etwas nicht in Ordnung ist. Hinweise kann man auch positiv aufnehmen und überlegen, wie man zukünftig den Ärger vermeidet, anstatt sich der Dynamik des Ärgers auszuliefern.
 Das Denken verläuft langsamer als die Dynamik der Gefühle und daher muss man für eine „Entschleunigung” sorgen. Wer sich ärgert, sollte seinen Verstand aktivieren mit dem Auftrag: „Kannst Du mal die Situation kurz checken.” Damit läuft man dem Ärger nicht in die Falle.
Die gedankliche Verarbeitung des Reizes, der die Emotionen ausgelöst hat, ist entscheidend für die weitere Entwicklung des Gefühls.  „Wenn du dich ärgerst, denk daran: Der Ärger ist ein blödes Vieh. Er fängt am falschen Ende an und frisst nur Dich – den Anlass nie”: Das Zitat des Publizisten Karl-Heinz Söhler hilft, mit dem Ärger besser umzugehen.
Gefühle soll man zulassen, nicht unterdrücken, nicht verstecken. Es ist allerdings nicht leicht, Gefühle abzureagieren, ohne andere zu verletzen. Bei Stress und Hektik fällt Freundlichkeit schwer, bewundernswert sind diejenigen, die auch dann Gelassenheit ausstrahlen.
Unsere Ansprüche sind oft zu hoch
Oft sind auch unsere Ansprüche zu hoch, wir erwarten immer und überall Freundlichkeit von anderen und  Akzeptanz unserer Meinung. Sie können nur selten Ihren Partner mit seinen Eigenarten ändern, sondern nur sich selbst und damit Einfluss nehmen auf die Emotionen in Verhandlungen.
Freundliche Menschen sind es von innen heraus, nicht weil sie nett sein müssen oder auf Druck. Die gestellte, unechte Freundlichkeit kommt nicht an, genauso wenig wie das Übermaß an Freundlichkeit, das
als „Schmusekurs” bezeichnet wird. Gleichzeitig soll man seine Authentizität wahren, sich nicht verstellen, seiner Linie treu bleiben. Akzeptieren werden Ihre Gesprächspartner eine von innen heraus natürliche und nicht eine aufgesetzte Freundlichkeit.