Politik | 17. August 2017

Fipronil-Eier weit verstreut zu finden

Von AgE/red
Der Skandal um mit Fipronil belastete Eier zieht immer weitere Kreise. Verdächtige Chargen wurden bis Ende vergangener Woche in 15 EU-Mitgliedsländern sowie der Schweiz und Hongkong gefunden. Inzwischen kam es zu ersten Verhaftungen.
Die weitaus meisten Eier, die in Deutschland ein- geführt werden, kommen aus den Niederlanden.
Im Mittelpunkt des Skandals stehen  aber weiterhin Belgien und die Niederlande.  Festgenommen wurden nach Behördenangaben zwei Manager des niederländischen Unternehmens ChickFriend. Sie stehen  im Verdacht,  das Insektizid widerrechtlich bei der Reinigung von Ställen eingesetzt zu haben.
Der belgische Landwirtschaftsminister Denis Ducarme  warf der niederländischen Lebensmittelüberwachung vor, bereits im Spätherbst 2016 vom Einsatz fipronilhaltiger Mittel in Geflügelställen gewusst zu haben. Nach seinen Angaben hat das belgische Amt für Lebensmittelsicherheit jedoch erst am 2. Juni 2017 Kenntnis von Fipronil-Rückständen in Eiern inländischer Betriebe erhalten.
Erster Hinweis im November
Die niederländische Behörde für Lebensmittelsicherheit (NVWA) hatte tatsächlich bereits im November 2016 einen anonymen Hinweis  erhalten.  Laut dem niederländischen Gesundheits- und Landwirtschaftsministerium  sei damals  entschieden worden, dass sich aus dem Hinweis keine akute Gefahr für die Volksgesundheit ableiten lasse. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuften Fipronil als für Menschen nur mäßig giftigen Stoff ein. Außerdem habe es keine Hinweise gegeben, dass Fipronil in die Lebensmittelkette oder gar in Eier gelangt sei.
Allerdings sei in der ersten Hälfte dieses Jahres genügend Material gesammelt worden, um eine strafrechtliche Untersuchung vorzubereiten. Diese sei nach der betreffenden Anfrage der belgischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (FAVV) bei der NVWA vom 19. Juni in Gang gesetzt worden.
Ein  Sprecher von EU-Agrarkommissar Phil Hogan stellte klar, dass die zuerst erfolgten Anfragen Belgiens an die Niederlande am 6. Juli über das von der EU betreute Verwaltungshilfe- und Kooperationssystem (AAC) zur Bekämpfung von Lebensmittelbetrug erfolgt sei, das in erster Linie dem Austausch zwischen zwei EU-Mitgliedstaaten diene. Dieser Austausch werde im Regelfall aber nicht durch die EU-Kommission überwacht, sofern diese nicht aktiv durch die Mitgliedstaaten eingeschaltet werde. Erst am 20. Juli sei eine weitere Anfrage über das EU-Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel (RASFF) eingegangen, bei dem die Brüsseler Kommission automatisch informiert worden sei.
Frühwarnsystem verbessern
Die Kommission hat für den 26. September ein Treffen von hochrangigen Vertretern der EU-Länder angesetzt. Ziel des Treffens sei es, aus dem aktuellen Fall zu lernen, die Koordinierung zu verbessern und das Frühwarnsystem RASFF zu optimieren.
Italien meldete  einen Fall von importierter belasteter Ware aus Frankreich, die aber noch vor dem Verkauf eingezogen worden sei.  Großbritannien, Schweden, Österreich,  die Schweiz und Luxemburg haben möglicherweise ebenfalls Eier mit Fipronil-Rückständen zugekauft. In Frankreich waren in der vergangenen Woche  fünf Verarbeitungsbetriebe  betroffen.
Nachdem in Dänemark die zuständige Lebensmittelbehörde noch zu Beginn der vergangenen Woche Entwarnung gegeben hatte, wurde dort einige Tage später ebenfalls ein Vorfall gemeldet.  In Rumänien wurde  eine belastete Tonne Flüssigeigelb entdeckt, die aus Deutschland stammte.  Ein weiterer Fund mit verdächtigen Eiern wurde in der Slowakei bestätigt.
Das Berliner Agrarressort geht davon aus, dass bis zu 10,7 Millionen möglicherweise belastete Eier aus den Niederlanden nach Deutschland geliefert wurden. Das wäre aber nur ein Bruchteil des gesamten deutschen Importvolumens. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes  hat Deutschland im Jahr 2016 rund sieben  Milliarden Eier importiert. Die Niederlande waren mit rund fünf  Milliarden Eiern das mit Abstand wichtigste Lieferland. Aus Belgien führte Deutschland im vergangenen Jahr rund 225 Millionen Eier ein. Die deutsche Eigenproduktion belief sich laut Destatis 2016 auf rund 12 Milliarden Eier.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) wies darauf hin, dass bei den in Deutschland vorgefundenen Chargen Fipronil-Rückstände von maximal 0,45 mg/kg gemessen worden seien. Damit sei nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand eine akute gesundheitliche Gefährdung  unwahrscheinlich.
Nach Auffassung des stellvertretenden DBV-Generalsekretärs Udo Hemmerling wurde  wertvolle Zeit verloren, um das Geschehen einzugrenzen. Das Nichtfunktionieren des Schnellwarnsystems in diesem Fall sei ein großer Fehler, der sich nicht wiederholen dürfe, sagte  Hemmerling  gegenüber dem Sender Phoenix. Er  geht davon aus, dass die betroffenen Hühnerhalter Schadenersatzansprüche gegen die Verursacher stellen müssen, wenn geklärt sei, wer genau der Verursacher sei.
Lage im Ländle
In  Baden-Württemberg wurden  bis zum vergangenen Freitag 124 Eierproben untersucht. Dabei sei in keinem Fall Fipronil nachgewiesen worden. „Für die Verbraucher, aber auch für die heimische Landwirtschaft ist das ein gutes Signal”, sagte  Agrarminister Peter Hauk. Ihm zufolge musste allerdings  eine Probe Flüssigei aus Belgien, die in Baden-Württemberg aufgetaucht ist, wegen geringer Spuren von Fipronil beanstandet werden.