Betrieb und Wirtschaft | 17. Dezember 2015

"Es ist ein echtes Trauerspiel"

Von René Bossert
Die Stimmung bei Ferkelerzeugern und Schweinemästern in Baden-Württemberg ist am Boden. Zahlreiche Betriebsaufgaben werden befürchtet, wenn die Preismisere anhält.
Die Preissituation in der Veredelung sei desaströs. In den vergangenen vier Jahren hätten 30% der Sauenhalter in Baden-Württemberg die Ferkelerzeugung aufgegeben. Die Zahl der Schweinehalter insgesamt sei seit 2011 um 600 auf nur noch 2700 gesunken, beklagten der Präsident des Landesbauernverbandes, Joachim Rukwied, und der Präsident des Schweinezuchtverbandes Baden-Württemberg, Hans-Benno Wichert, vergangene Woche bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Stuttgart. Mit derzeit 1,25 Euro/kg Schlachtgewicht seien die Erlöse für die Mäster völlig unbefriedigend. Gleichzeitig schreiben die Sauenhalter  bei Erlösen von weniger als 35 Euro pro Ferkel tiefrote Zahlen. Völlig unzureichende Erzeugerpreise auf der einen und höchste Ansprüche im Tier- und Umweltschutz auf der anderen Seite passten nicht zusammen.
Die Ferkelerzeuger legen im Moment Geld drauf.

In Südbaden zeichnen Erzeuger und Berater das gleiche Bild. Die Betriebe klagen über Liquiditätsprobleme, viele Mäster machen die Ställe nicht mehr voll. Im Landkreis Sigmaringen seien vor Kurzem zwei Betriebe mit je 250 Sauen ausgestiegen, berichtet Kerstin Kipp vom Beratungsdienst Schweinehaltung Sigmaringen. Die Ferkelerzeuger treffe es am härtesten, Betriebe im geschlossenen System stehen im Moment noch etwas besser da, so ihre Einschätzung. 
Die Metzgervermarktung sei trotz des höheren Aufwandes mehr denn je Gold wert, weil die Metzger  die Tiefstpreise nicht mitgehen. Freilich seien die Metzger in manchen Regionen so langsam selbst eine bedrohte Art. Den Stall verpachten oder verkaufen, Lohnmast, Labelproduktion für Edeka oder Rewe oder der Umstieg auf Bio-Produktion – das Interesse an Handlungsmöglichkeiten und Alternativen und der Informationsbedarf seien im Moment groß.
Viele Betriebe denken über den Ausstieg nach, bestätigt Dietmar Scheurer vom Erzeugerring Ortenau: „Es ist ein Trauerspiel.” Er kommt beim Durchzählen noch auf 20 bis 25 Ferkelerzeuger im Oberrheintal. In der Beratungsarbeit geht es um Liquiditätsfragen statt Produktionstechnik.   Wenn der Stall schon abbezahlt sei, betrachte man die Lage natürlich etwas anders, als wenn noch Darlehen zu bedienen sind.
Das Auslaufen der betäubungslosen  Ferkelkastration 2019 sei neben den katastrophalen Preisen im Moment ein weiteres Problem. Die Metzger wollen mit der Ebermast nichts zu tun haben. Scheurer hält die Immunokastration für einen durchaus praktikablen Weg, aber die Akzeptanz in der Bevölkerung sei sicherlich eine schwierige Frage bei diesem Verfahren.