Die Absicht der Agrarminister von Bund und Ländern, sich in Brüssel im Vorfeld zum Agrarrat mit einer gemeinsamen Position zur Milchkrise zu präsentieren, ist gescheitert. Bei der Sonder-Agrarministerkonferenz (AMK) am 15. Juli in der belgischen Hauptstadt konnten sich die Länderminister nicht auf eine einheitliche Linie bei der Bekämpfung der Krise im Milchsektor einigen. „Wir haben das Einstimmigkeitsprinzip, und der Beschluss ist am Veto des Landes Rheinland-Pfalz gescheitert, das im Falle von schweren Marktstörungen einer zeitlich befristeten und entschädigungslosen Mengenregelung nicht zustimmen wollte”, bedauerte der derzeitige AMK-Vorsitzende und Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus.
Alle anderen Länder hätten die Schaffung der rechtlichen Grundlagen dafür durch die EU-Kommission zumindest für angezeigt gehalten, berichtete Backhaus.
Der rheinland-pfälzische Landwirtschaftsminister Volker Wissing verteidigte seine ablehnende Haltung. Der in dem Beschlussentwurf der Sonder-Agrarministerkonferenz vorgesehene Passus der „zeitlich befristeten entschädigungslosen obligatorischen Mengenbegrenzung” bedeute nichts Geringeres als die schleichende Rückkehr zur Milchquote. Das Modell biete keinerlei kurzfristige Hilfe und führe die Milchwirtschaft in noch tiefere Krisen, weil sie die Liquidität weiter schwäche, erklärte der FDP-Politiker.
Dennoch stehe die AMK nicht mit leeren Händen da, betonte deren Vorsitzender Backhaus. Man habe sich klar für ein weiteres EU-Hilfspaket ausgesprochen, das deutlich über dem ersten liegen müsse. Frisches Geld – auch darüber habe Einigkeit geherrscht – sollten künftig aber nur diejenigen erhalten, die weniger Milch produzierten.
Mit Blick auf die langfristige Stabilisierung des Marktes bekräftigte die AMK gegenüber EU-Agrarkommissar Phil Hogan die Forderung nach „fairen” Lieferverträgen durch eine Änderung der Gemeinsamen Europäischen Marktordnung (GMO). Ziel müsse es sein, das „Monopol der Molkereien aufzubrechen” und die Verhandlungsposition der Landwirte EU-weit zu stärken, sagte Backhaus.
Die Milchkrise sei noch längst nicht überwunden. Bis Ende des Jahres würden die Verluste in der Landwirtschaft auf etwa fünf Milliarden Euro anwachsen. Es müsse gelingen, die Milchmenge zu reduzieren. Dafür seien verbindliche Regelungen in ganz Europa erforderlich.
EU-Agrarkommissar Phil Hogan räumte auf der Sonder-Agrarministerkonferenz ein, dass Europa es mit einem schweren Marktungleichgewicht zu tun habe. Von ihrem alleinigen Initiativrecht für eine zeitlich befristete, obligatorische Mengenreduzierung werde die EU-Kommission aber derzeit keinen Gebrauch machen, stellte der Ire nach Angaben von Konferenzteilnehmern klar. Dafür seien in der EU keine Mehrheit und auch keine Rechtsgrundlage gegeben.
Die Länderagrarminister begrüßten Hogans Mitteilung, dass eine Prüfung zur Anpassung des Vertragsrechts, insbesondere von Artikel 148 der Gemeinsamen Marktordnung, bereits laufe. „Bauern müssen wieder mehr Verhandlungsspielraum bekommen. In den Direktverträgen mit den Molkereien müssen Preise, Laufzeiten, Kündigungsfristen und Qualitätsparameter künftig klar geregelt werden. Sie geben den Bauern Planungssicherheit”, so Backhaus.