Pflanzenbau | 26. Januar 2017

Erfolgreiche Direktsaat braucht langen Atem

Von Dr. Sebastian Messerschmid
Direktsaatverfahren gelten als Königsdisziplin des Ackerbaus. Wer hier Erfolg hat, hat in der Regel aber zunächst eine Menge Lehrgeld bezahlt. Nicht anders erging es Thomas Sander aus dem sächsischen Waldenburg, der als Quereinsteiger seit einigen Jahren einen Direktsaatbetrieb führt.
Ackerbohnen gedeihen, im Vergleich zu anderen Kulturen, besonders gut bei Direktsaat.
Sander hat zunächst den Beruf des Instrumentenbauers gelernt und sich – wie er selbst sagt – in einer Art Schnellbleiche Anfang dieses Jahrhunderts grundlegende landwirtschaftliche Kenntnisse angeeignet.
Vor 13 Jahren hat er den Betrieb seiner Schwiegereltern übernommen und auf einen Schlag auf Direktsaat umgestellt. Er berichtete Mitte Januar auf einer vom Arbeitskreis Konservierende Bodenbearbeitung und Direktsaat Baden-Württemberg an der Universität Hohenheim ausgerichteten Tagung von Schwierigkeiten und Erfolgen seines Systems.
Am Anfang stand die betriebswirtschaftliche Analyse mit dem Ziel der Kostensenkung. Der Landwirt hat dabei ausgerechnet, dass unter seinen spezifischen Verhältnissen bei Mulchsaat acht und bei Direktsaat 11 dt/ha weniger Getreideertrag ausreichen, um das Gleiche wie bei wendender Bodenbearbeitung zu erlösen. „Im Rückblick hat es dabei vier unterschiedliche Phasen gegeben”, erinnert er sich. „Zunächst die Begeisterungsphase mit hohen Investitionen und der Umstellung des gesamten Betriebs, dann die ideologische Phase, in der ich die Umstellung der Direktsaat nach theoretischen Schemata bewerkstelligen wollte. Dann kam die Lernphase mit Beobachten und Versuch und Irrtum. Heute bin ich in der pragmatischen Phase. Ich weiß im Großen und Ganzen, was funktioniert und was nicht funktioniert, und versuche, durch kleine Verbesserungen die Direktsaat weiter zu optimieren.”
 
 
Raps und Soja besonders heikel
Thomas Sander arbeitet seit 13 Jahren mit Direktsaat.
Besonders viel Lehrgeld hat Sander im Rapsanbau bezahlt. „Raps in Drillsaat in eine dicke Strohmatte zu säen, führte in aller Regel nicht zum Erfolg”, erläutert der Landwirt. „Die Rapsaussaat ist die Achillesferse der Direktsaat.” Die Lösung des Problems sei letztlich die Einzelkornsaat mit zuvor freigeräumter Reihe gewesen.
Beim Anbau von Soja hat er die Erfahrung gemacht, dass Schneckenprobleme überhand nehmen. Soja sei im Jugendstadium noch empfindlicher gegen Schneckenfraß als andere Kulturen. „Bei Soja genügt schon sehr wenig Schneckenfraß, um Jungpflanzen zum Absterben zu bringen. Daher funktioniert Sojaanbau in Verbindung mit Direktsaat in unserer Region mit den schweren Böden kaum”, bedauert Sander. „Eine leichte Bodenbearbeitung im Frühjahr, um die Wachstumsbedingungen zu verbessern, ist daher angebracht.”
Ackerbohnen gedeihen gut
Die gegenteilige Erfahrung machte Sander bei einer anderen Körnerleguminose, nämlich den Ackerbohnen. Zwar hat er auch  bei dieser Kultur eine verzögerte Jugendentwicklung gegenüber Pflugverfahren festgestellt. „Aber ab der ersten Blüte dreht sich dann das Ganze”, hat er beobachtet. „Dies hängt mit dem ausgezeichneten Knöllchenbesatz und der daraus folgenden hohen Stickstoffbindung zusammen.” Das ist durchaus plausibel, denn ohne Bodenbewegung gibt es wenig N-Mobilisierung aus den Bodenreserven, was die stickstoffbildenden Bakterien begünstigt. Sander hält Direktsaat-Ackerbohnen für widerstandsfähiger gegenüber Virusbefall als „normal” gesäte. Das habe er 2016, einem Jahr mit hohem Virusbefall in den Ackerbohnen, beobachten können.  Darüber hinaus hat er festgestellt, dass selbst bei Mulchsaat eine sichtbar schlechtere Knöllchenbildung erfolgt als bei Direktsaat. Ackerbohnen sät er daher grundsätzlich in eine „grüne Matte” ein.
Mit Schafen gegen Mäuse
Wildschweine sind im Direktsaatmais ein besonders großes Problem, hat Sander beobachtet. Er führt den massiven Schwarzkittelbesuch auch auf den besonders hohen Regenwurmbesatz auf diesen Flächen zurück. Allerdings hält der Landwirt Direktsaat-Mais für regenerationsfähiger als konventionell gesäten. Gute Erfahrungen hat Sander damit gemacht, seine Flächen vor der Einsaat von Sommerungen durch Schafe beweiden zu lassen: „Das trägt zum ersten dazu bei, Unkräuter in Schach zu halten. Zum zweiten hat es sich als hervorragende Mäusebekämpfung bewährt.” Das dichte und intensive Betreten der Fläche stört und beeinträchtigt die Mäuse. Weite Fruchtfolgen seien essenziell für erfolgreiche Direktsaat. Eine zwischenzeitliche Intensivierung, indem er versuchte, Stoppelweizen zu etablieren, hat Sander inzwischen wieder aufgegeben. Des Weiteren rät der Landwirt zum zurückhaltenden Umgang mit Pflanzenschutzmitteln: „Wir setzen nur wenig Fungizide ein und applizieren so, dass möglichst wenig auf die Erde trifft, um das Bodenleben zu schonen. Außerdem verwenden wir keine bodenwirksamen Herbizide.” Umso nötiger braucht Sander allerdings Glyphosat. Dabei ist er auch hier wenig verschwenderisch. Seine Maxime diesbezüglich: „So wenig wie möglich, aber so viel wie nötig.” Über die gesamte Fruchtfolge gesehen benötigt der Landwirt nur rund ein Zehntel der erlaubten Glyphosat-Menge.
Die Direktsaat stehe und falle indes mit ihren Werkzeugen. „Wenn man uns jetzt Glyphosat wegnimmt, macht mir das Bauchschmerzen”, mahnt Sander. „Noch habe ich aber die Hoffnung, dass sich der Sachverstand durchsetzt.” Allerdings sei die Politik heutzutage wie das Wetter: unberechenbar. Der Diektsaat-Experte fordert Entscheidungsfreiheit für die Landwirte: Bei weiterer strenger Regulierung gehe die Innovationsfähigkeit des Sektors verloren. 
Letztendlich habe die Direktsaat nur eine Zukunft, wenn sie auf betriebswirtschaftlich sicherer Basis stehe. „Nachhaltigkeit nützt ohne Ertragssicherheit nichts”, sagt Sander. „Man hat dann der Natur etwas zuliebe getan, aber der Betrieb ist pleite. Gegenwärtig ist die Direktsaat noch mit zahlreichen Risiken behaftet. Forschung und Praxis befinden sich aber auf dem richtigen Weg.”