Pflanzenbau | 22. Dezember 2016

Erdbeersorten: Die Etablierten halten mit

Von von kobylinski
Wolfgang Bauer, Fachberater am Landwirtschaftsamt Bruchsal, gab beim Erdbeertag am 1. Dezember einen Überblick über Anbauversuche mit neuen Sorten. Fazit: Neue sind nicht in jedem Reifebereich gleich gut oder besser als bekannte.
Von oben links nach unten rechts: Aprica, M. Centenary, Clery, Fleurette, Juline, Sibylla, Starlette, M. Sunrise
Die züchterische Herausforderung zeigt sich besonders im frühen Bereich. Die Tabelle gibt eine Sortenübersicht. Nach den Wintermonaten lechzt der Markt geradezu nach den ersten Früchten aus dem heimischen Anbau. Dabei geht es um Tage, aber gleichzeitig auch um das Fruchtaroma, das den Wettbewerbsvorteil gegenüber der Importware gewährleistet. Dem steht die Frage gegenüber, wie die eingeschränkte Reifezeit der frühen Früchte züchterisch gemeistert werden kann.
Die Standardsorte in vielen zentraleuropäischen Anbaugebieten ist Clery. Zeitlich exakt in die gleiche Phase passt Dream – Züchter ist Planasa. Deren Beeren sind ähnlich hellrot-glänzend und fest. Die spanische Züchtung hat bei uns ein noch intensiveres Aroma. Dafür musste man in den ein- bis zweijährigen Versuchen feststellen, dass die Haut bei Dream druckempfindlich ist. Außerdem sind die Beeren deutlich kleiner. Deshalb kommt die Sorte im Ertrag nicht an Clery heran. Trotzdem werden dieser Sorte in der Direktvermarktung gute Absatzchancen eingeräumt. 
Kompromisse gesucht
Wolfgang Bauer und Moderatorin Angelika Appel vom Regierungspräsidium Karlsruhe
Um drei bis fünf  Tage zeitiger noch als Clery und Dream werden die Frühestsorten Sunrise und Flair reif, Züchter ist Flevoplant, Holland. Letztgenannte hat besondere Bodenansprüche und benötigt eine hohe Zink- und Manganversorgung, kommt dafür aber zu mittelhohen Erträgen, auch wenn ihre Früchte weich sind. Dafür sind Flair-Erdbeeren sehr wohlschmeckend. Ihre Pflanzen sind gegenüber Herbizideinsätzen empfindlich, insbesondere in der generativen Wachstumsphase im September.
Im Januar und Februar benötigen sie einen ausgeprägten Kältereiz, der nicht mehr in jedem Winter gegeben ist. Mit Sunrise verhält es sich ähnlich. Die Beeren des englischen Züchters Meiosis sind heller als Flair und auch fester, dafür haben sie jedoch weniger Aroma. Im Anbau am Versuchsstandort Forst ergaben sich aufgrund der Sensibilität Pflanzenausfälle. Wolfgang Bauer ergänzte, dass der Boden vor der Anbauphase einer Dampfbehandlung unterzogen worden war, der Infektionsdruck aus dem Boden somit außerordentlich gering war.
Zeitgleich mit Clery, aber mit einer deutlich verlängerten Ernteperiode, treten die beiden Sorten Starlette und Malling Centenary auf – Züchter ist Meiosis. Beide Sorten überschneiden sich im Lauf der Erntekampagne mit Darselect, insbesondere Malling Centenary. Starlette von Planasa zeigt dabei weiche, lange, schlanke Früchte und viel Bewuchs. Wolfgang Bauer bemängelte vor allem den Geschmack, der deutlich, aber nicht sehr angenehm sei. Die Beeren der britischen Züchtung  Malling Centenary sind hellrot glänzend und haben eine spitz zulaufende Kegelform. Geschmacklich liegen sie im oberen Drittel der Sorten. Die lang anhaltende Erntezeit gewährleistet hohe Erträge. Nachteilig könnte allenfalls die leichte Anfälligkeit für Regen und für Phytophthora cactorum sein, weshalb die britische Sorte bevorzugt im geschützten Anbau einzusetzen ist.Hauptreifezeit Für die Hauptreifezeit, etwa drei Tage vor Elsanta, präsentierte Wolfgang Bauer die Sorten Ines (Züchter: Frantz), Fleurette und Magnum. Während die dunkelfarbige und optisch ansprechende Ines mit einem guten Aroma aufwarten kann, erweist sich diese schleswig-holsteinische Züchtung im Fruchtfleisch als wenig druckstabil und im Ertrag mittelmäßig. Damit ist sie nicht unbedingt als Versandfrucht qualifiziert. Anders dagegen Fleurette, gezüchtet von Flevoplant: Die niederländische Sorte mit guter Größensortierung und hellen, orange-roten Beeren in regelmäßiger Fruchtform ist für alle Vermarktungsarten geeignet. Sie kann als Boden- oder Substratkultur gehalten werden. Die Pflanze selbst ist in Wurzel, Rhizom und Blatt robust und die Früchte von relativ gutem Geschmack. Dabei erweist sie sich als sehr ertragsstark, ist allerdings leicht druckempfindlich.
Vermarktung ab Hof oder über LEH
Ebenfalls für alle Absatzwege geeignet ist Magnum (Züchter ist  Marionnet), die 24 g große und robuste Früchte mit fester Haut entwickelt. Sie haben dazu einen hohen Brix-Wert und sind sehr wohlschmeckend. Im Vergleich zu Elsanta ist Magnum weniger krankheitsanfällig und weniger anfällig für Riefen. Ihre Blüten stehen unter dem Blatt. Sie hat mehr Blütenstiele und dafür weniger Blüten am Stiel. Zu den Nachteilen zählt, dass der Fruchtkelch schwer löst.
Im Vergleich zu der letztgenannten Gruppe reift Aprica, die von Mazzoni gezüchtet worden ist, etwa zwei Tage später und in etwa gleichauf mit Elsanta. Die italienische Sorte hat eine
ansprechende, rot-glänzende Frucht und erreicht hohe Erträge, die über denen von Clery und Elsanta liegen. Außerdem werden gleichmäßige und gute Fruchtgrößen erzielt. Die Beere ist regenfest, ihre Haut stabil und neigt nach dem Pflücken nicht zum Nachdunkeln. Die Pflanze zeigt eine gewisse Robustheit gegenüber Mehltau und hat auch sonst keine Krankheitsauffälligkeiten. Der Geschmack allerdings bleibt durchschnittlich.
Als hoffnungsvolle Sorte im Bereich nach Elsanta, also drei bis vier Tage später, hat sich am Versuchsstandort Forst Sibylla präsentiert, ebenfalls aus dem Haus Mazzoni. Sie weist zwar nur ein durchschnittliches Aroma auf, liefert dafür aber hellrote, stabile und große Früchte mit hohen Erträgen. Sie steht damit im Kontrast zur Sorte Renaissance von Hansabred, deren Beeren wesentlich bessere Werte im Aroma liefern und auch hohe Erträge, dafür aber so weich sind, dass sie nur zum Selbstpflücken und für den Direktabsatz geeignet sind, nicht aber für den Lebensmitteleinzelhandel (LEH).
An der Dresdner Zuchtfirma Hansabred ist Planasa ebenso beteiligt wie Meiosis. 2008, bei der Firmengründung, hatte Zuchtleiter Klaus Olbrecht gesagt, dass er die geschmacklichen Eigenschaften und die Resistenz gegen Krankheiten zu den wichtigsten Zielen zähle.
Meiosis selbst hat mit seiner späten Fenella die Gewichtung etwas anders gesetzt: Die hellen, orange-roten und festen Beeren sind gleichmäßig mittelgroß und haltbar, auch bei Regen. Damit wird der Feldanbau erleichtert. Der Geschmack ist mittelmäßig bis gut. Der Ertrag fällt durchschnittlich aus. Dafür sind die Pflanzen resistent gegenüber Verticillium und Roter Wurzelfäule.
Eine längere Reifezeit verleiht den Beeren mehr Charakter: Die späte Sorte Sussette (14 Tage nach Elsanta – Züchter Flevoplant) hat große, hellrote Früchte und ist geschmacklich überdurchschnittlich. Dazu sind sie so fest und haltbar, dass sie sich gut zur Belieferung des LEH eignen – ebenso wie Fenella. Auf dem Versuchsstandort Forst musste 2016 die ertragreiche Sussette-Ernte schließlich abgebrochen werden, weil das Wetter zu schlecht wurde.