Politik | 09. Oktober 2014

Entwurf zum Jagdgesetz gefällt vielen nicht

Von AgE/red
Die baden-württembergische Landesregierung hat vergangene Woche dem Entwurf für ein Jagd- und Wildtiermanagementgesetz zugestimmt. Von Verbänden kommt weiter Kritik.
Der Landesjagdverband bleibt bei seiner grundsätzlich ablehnenden Haltung dem Gesetzentwurf gegenüber.
Ministerpräsident Winfried  Kretschmann  betonte vergangene Woche  im Anschluss an die Kabinettssitzung, dass das bisherige Jagdgesetz nicht mehr alle gesellschaftlichen Anforderungen erfülle. So seien der Natur- und der Tierschutz mittlerweile als Staatsziele im Grundgesetz verankert worden. Mit dem Entwurf wolle die Landesregierung diesen Staatszielen gerecht werden und die Akzeptanz der Jagd sichern, betonte Kretschmann.
Landwirtschaftsminister Alexander  Bonde  ergänzte, dass sich  die Erkenntnisse über Wildtiere in den vergangenen Jahren deutlich verändert hätten.  Deshalb brauche es jetzt ein neues Jagdgesetz, das die Interessen von Jagd, Tierschutz und Naturschutz zusammenbringe.
Schalenmodell
Das von der Jägerschaft mitgetragene sogenannte Schalenmodell stelle für die Tierarten im Nutzungs- und Entwicklungsmanagement den vernünftigen Grund für die Bejagung im Sinne des Tierschutzrechts heraus und hebe damit die Bedeutung der Jagd für diese Tierarten hervor.
Arten im Schutzmanagement dürften dagegen nicht bejagt werden; hier würdige das Schalenmodell die Hege als  gesellschaftliche Aufgabe der Jäger.
Die nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützten Arten dürften nicht gejagt werden und stünden unabhängig von ihrer Erwähnung im Jagdrecht in der Zuständigkeit der Naturschutzbehörden.
„Das Gesetz bietet der Jagd die Chance, sich als moderne Jagd darzustellen”, betonte Bonde. Die Jäger könnten deutlich machen, dass sie nicht nur Tiere jagten, sondern durch Hege und Pflege auch einen wichtigen Beitrag zum Naturschutz leisteten.
Unter den Jägern stieß der Entwurf des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes auf keinen Zuspruch. Auf einem außerordentlichen Landesjägertag des Landesjagdverbandes (LJV) Baden-Württemberg stimmten die Delegierten vergangene Woche dem vorgelegten Entwurf nicht zu.
Zugleich kündigten sie aber an, sich weiter im konstruktiv-kritischen Dialog mit der Politik für die Weiterentwicklung des Gesetzentwurfs einzubringen. Bereits zuvor hatte der LJV den Entwurf in einer Presseverlautbarung als „keinen mitreißenden Aufbruch” gewertet. Die Jäger als Hauptbetroffene könnten mit Kompromissen zwar leben; diese dürften aber nicht sachfremd sein.
Zudem kritisierte der LJV Ermächtigungen für das Landwirtschaftsministerium, durch die es wichtige Sachverhalte wie die Jagd- und Schonzeiten oder die Umsetzung von Fütterungsregeln durch Rechtsverordnung außerhalb eines parlamentarischen Verfahrens regeln könne. Als „besonders gravierend” lehnt der LJV  die Möglichkeit der Herausnahme von Wildarten aus dem Jagdrecht ohne Mitwirkung des Landtags als „nicht gerechtfertigten Eingriff in das Eigentum” ab.
Das Schalenmodell sei hingegen eine Korrektur in die richtige Richtung. Im Gesamtzusammenhang kritisch sieht der LJV  die vorgesehene Jagdruhezeit im März und April im Hinblick auf das Schwarzwild, trotz der  vorgesehenen Ausnahmen.
Nach Auffassung der baden-württembergischen Landesverbände des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) und des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ist der Gesetzentwurf ein Schritt nach vorn.  Allerdings sei die Landesregierung dem LJV sehr weit entgegengekommen. Die Verantwortung für Tierarten, die nach dem Bundesnaturschutzgesetz geschützt seien, müsse bei der Obersten Naturschutzbehörde bleiben, sagte die BUND-Vorsitzende Brigitte Dahlbender am Dienstag bei der Anhörung im Landwirtschaftsausschuss.
Regierung darf nicht allein bestimmen
Das Gesetz sei im Grunde unnötig, betonte der jagdpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Wolfgang Reuther,  bei der Anhörung laut einer Pressemitteilung. Der bei der Anhörung deutlich gewordene  Konsens von Jägerschaft, Bauernverbänden sowie  Grund- und Waldbesitz in der Ablehnung des Entwurfes sollte  zu denken geben. Es könne  nicht sein, dass die Landesregierung am Parlament vorbei allein bestimmen könne, welche Arten bejagt werden dürfen. Dabei gehe es etwa um Biber oder  Kolkrabe. Ebenso müsse die  Wildfütterung in Eigenverantwortung der Jäger  tatsächlich und nicht nur auf dem Papier möglich bleiben.
Was sich im Einzelnen ändern soll
Gemäß dem Entwurf dürfen künftig Totschlagfallen nicht mehr verwendet werden. Ferner sollen Hunde und Katzen nicht mehr zum Abschuss freigegeben werden.
Zudem ist zwischen dem 1. März und dem 30. April eine allgemeine Jagdruhezeit vorgesehen; eine Ausnahme soll es für Wildschweine geben. Auf Feldern und in einem 200 Meter breiten Streifen am Waldrand soll Schwarzwild – außer Elterntiere – auch dann bejagt werden dürfen. Überdies soll es ab 2016 nur noch eine bleifreie Jagd geben.
Die Fütterung soll unterbleiben. Im Einzelfall könne sie  notwendig sein, sie mache aber nur Sinn, wenn die Jäger auf lokaler Ebene zusammenarbeiteten und den natürlichen Lebensraum des Wildes berücksichtigten, sagte Landwirtschaftsminister Alexander Bonde.
Der behördliche Abschussplan für Rehwild soll wegfallen und eine revierbezogene Zielvereinbarung eingeführt werden. Damit werde ein erfolgreiches Modellprojekt flächendeckend umgesetzt, betonte Bonde.
Darüber hinaus soll das Prozedere beim Wildschadenersatz vereinfacht werden, indem ein verpflichtender Verfahrensschritt bei den Gemeinden gestrichen wird. Landwirte sollen für Wildschäden in Mais nur noch zu  80 % entschädigt werden.