Tierhaltung | 29. Dezember 2016

Ein schwieriges Grundfutterjahr

Von Annette Jilg, LAZBW in Aulendorf
2016 war ein Jahr mit vielen Wetterkapriolen. Das Grundfutter zum richtigen Zeitpunkt zu ernten, war oftmals nicht möglich. Entprechend groß ist die Spannweite der ermittelten Futterwerte bei den Silagen. Wie sich die Situation darstellt, zeigt der folgende Beitrag auf.
Ackerfutterbestände waren häufig Ende April erntereif.
Das Jahr 2016 startete in Oberschwaben mit einem sehr milden, jedoch nassen Winter. Ende April und Anfang Mai taten sich einzelne kurze Zeitfenster für die Ernte des ersten Schnittes auf, und dann war erst einmal „Land unter”. Sintflutartige Platzregen führten an vielen Orten zu teilweise gewaltigen Überschwemmungen mit Bodenerosionen. Auch im Juni kam es vielerorts zu Starkregenfällen. Anfang und Mitte Juli beruhigte sich das Wetter  kurz, doch auch diese kurzen Schönwetterperioden waren von Starkregenfällen eingerahmt. Bis Ende August fielen in der Region Oberschwaben – Ulm über 900 mm Niederschläge. Aber Mitte Juli wurde es vielerorts zu trocken.
Aufgrund der besonderen Wettersituation in 2016 ergaben sich für die Landwirte große Herausforderungen bei der Futterwerbung. In den Gebieten, in denen der erste Schnitt nicht bis spätestens Anfang Mai erfolgen konnte, bestand kaum noch eine Chance auf eine rechtzeitige Ernte. Häufig musste der zweite  Schnitt entsprechend überaltert eingefahren werden. Manche Grünlandbestände konnten nicht komplett geerntet werden, da immer noch Wasser auf Teilflächen stand. Die weiteren Folgeaufwüchse wiesen regional wieder Trockenschäden auf.
Die Maisbestände bildeten aufgrund des Überangebotes an Wasser zu Wachstumsbeginn keine tiefen Wurzeln aus und so kam es je nach Wasserführung in den Maisäckern stellenweise zu einer raschen Abreife der Restpflanze.
Die regional extrem unterschiedlichen Witterungsbedingungen führten zu einer großen Bandbreite bezüglich des Futterwertes bei den Silagen in Baden-Württemberg (siehe Tabelle 1). Allerdings liegen dem LAZBW bislang nur wenige Probenanalysen vor, so dass sich der Durchschnitt in Baden-Württemberg mit weiteren Ergebnissen noch ändern kann.
Erster Aufwuchs: große Unterschiede
Die Schnittzeitpunkte der dem LAZBW vorliegenden Analyseergebnisse vom ersten Aufwuchs lagen zwischen dem 21. April und dem 14. Juli 2016. Viele Bestände wurden in einem physiologisch alten Stadium geerntet. Der durchschnittliche ADF-Gehalt von 270 g/kg TM belegt dies. Durchschnittlich wurde mit 6,3 MJ NEL/kg TM ein zufriedenstellender Energiegehalt erzielt. Wer die frühen Erntezeitfenster nutzen konnte, der erzielte durchaus gute Energiegehalte, so erreichten rund 43 % der Proben den Zielwert (≥ 6,4 MJ NEL/kg TM). Jedoch lagen rund 28 % der Ergebnisse unter 6,0 MJ NEL/kg TM.
Bezüglich des Restzuckergehaltes entscheidet neben dem Anteil zuckerhaltiger Gräser die Sonneneinstrahlung vor der Ernte. Der mittlere Restzuckergehalt (XZ) lag mit 63 g/kg TM tendenziell hoch. Doch bei 20 % der Silagen lag er unter 20 g/kg TM. Hier stellt sich die Frage, ob den Milchsäurebakterien genügend Zucker als Gärsubstrat zur Verfügung stand und eine ausreichende Absenkung des pH-Wertes zur Hemmung von Gärschädlingen erfolgte. Bei rund 21 % der Silagen lagen Restzuckergehalte von über 100 g/kg TM vor. Dies erhöht das Risiko von Nacherwärmung und Schimmel und kann darüber hinaus auch die Rationsgestaltung erschweren.
Die teilweise zu späte Nutzung wirkte sich auch auf den  Eiweißgehalt des Grasbestandes aus. Der mittlere Rohproteingehalt (XP) von 153 g/kg TM ist als knapp anzusehen. Der Gehalt an nutzbarem Rohprotein (nXP) lag im Schnitt bei  138 g/kg TM. Neben dem Nutzungszeitpunkt entscheiden der Leguminosenanteil und die Düngung sowie die Geschwindigkeit der Ansäuerung und das Auftreten von Gärschädlingen, wie zum Beispiel von Clostridien, über den Eiweißgehalt und die -qualität einer Grassilage.
Im Mittel wurde der erste Schnitt mit 35 % TM optimal angewelkt. Jedoch waren 31 % der eingereichten Silageergebnisse mit unter 30 % TM zu feucht. Neben hohen Nährstoffverlusten über Sickersaft ist hier, vor allem  in der Kombination mit hohen Rohaschegehalten, die Gefahr einer Buttersäuregärung gegeben. 16 % der Silagen wurden mit über 40 % TM deutlich zu trocken eingefahren. Hier ist die Verdichtung, vor allem bei überalterten Beständen, zunehmend erschwert.
Der mittlere Rohaschegehalt (XA) lag mit 96 g/kg TM im gewünschten Bereich. Jedoch wiesen rund 28 % der Silagen deutlich zu hohe Rohaschegehalte auf.
Über die Bestimmung des pH-Wertes in Bezug auf den TM-Gehalt kann die Gärqualität der Grassilagen beurteilt werden. Ziel ist es, durch die rasche Ansäuerung unter die kritische Grenze von pH-Wert 4,0 bei 20 % TM bzw. 5,0 bei 45 % TM und höher zu kommen. 7  % der auf den pH-Wert untersuchten Silagen haben 2016 dieses Ziel erreicht.
Fazit erster Schnitt
Bezüglich des TM-Gehaltes unterschieden sich die Silagen extrem. Einzelbetrieblich ist hier auf eine Optimierung der Arbeitsabläufe bei der Silierkette zu achten, um die gewünschten 30–40 % TM zu erreichen. Trockenes Material ist besonders sorgfältig zu verdichten und der Vorschub bei der Entnahme sollte mehr als  1,5 m/Woche im Winter bzw. mehr als  2,5 m/Woche im Sommer betragen. Ansonsten droht, vor allem bei  hohen Restzuckergehalten und gleichzeitig einem zu geringen Vorschub, Nacherwärmung in Kombination mit Schimmelbildung. Die erzielten Energie- und Rohproteingehalte hingen 2016 stark vom Schnitttermin ab. So waren die Gehalte bei den späteren Schnittterminen unbefriedigend. Hohe ADF-Gehalte zeigten stellenweise eine starke Verholzung an, die die Verdaulichkeit herabsetzte. Teilweise sind extrem hohe Restzuckergehalte aufgetreten, genauso häufig fehlte der Zucker für den Gärprozess. Einzelne Silagen wiesen einen extremen Rohaschegehalt auf. Vor allem bei Nasssilagen steigt dann das Risiko einer Buttersäuregärung.
Der zweite Aufwuchs fiel ins Wasser
Der zweite Aufwuchs konnte aufgrund der starken Niederschläge nur ausnahmsweise zum physiologisch „passenden” Stadium eingefahren werden. Die Schnittzeitpunkte der dem LAZBW vorliegenden Probenergebnisse lagen zwischen dem 8. Juni und dem 12. August. Der mittlere ADF-Gehalt betrug entsprechend 300 g/kg TM und zeigt den hohen Gehalt an Zellulose und Lignin an. Auch der mittlere NDF-Gehalt von 480 g/kg TM und ein Strukturwert von 3,0 weisen auf die geringe Verdaulichkeit des Futters hin.
Dies führte zu einem unbefriedigenden durchschnittlichen Energiegehalt von 5,8 MJ NEL/kg TM. Nur 14 % der Proben lagen über 6,0 MJ NEL/kg TM.
Der Restzuckergehalt betrug im Mittel 51 g/kg TM. Die Proben streuten weniger stark, nun wiesen nur 11 % über 100 g XZ/kg TM auf. Jedoch kam es auch beim zweiten Aufwuchs einzelbetrieblich zu einer ungenügenden Ansäuerung (19 % unter 20 g XZ/kg TM).
Als völlig unbefriedigend erwies sich der mittlere Rohproteingehalt von 131 g XP/kg TM. Die Silagen erzielten im Mittel 126 g nXP/kg TM. Hier fehlte somit häufig erheblich Eiweiß aus dem Grundfutter in den Rationen.
Der durchschnittliche TM-Gehalt lag mit 37 % relativ hoch. Bei physiologisch älterem Futter ist die Verdichtung durch die starke Verholzung erschwert, bei höheren TM-Gehalten ist eine ausreichende Verdichtung im Fahrsilo kaum zu erzielen.
Die Rohaschegehalte reichten aufgrund der häufig vernässten Grünlandflächen von 74 g bis 187 g/kg TM (Durchschnitt 100 g/kg TM).
Fazit zweiter Schnitt
    Aus den bisher vorliegenden Ergebnissen lässt sich der Trend ableiten, dass die Silagen oft zu trocken eingefahren wurden. Überalterte Bestände sind in der Kombination mit hohen TM-Gehalten extrem schwer zu verdichten. Einzelbetrieblich ist auch hier die Silierkette besser abzustimmen. Die Energie- und Eiweißgehalte waren in der Regel unbefriedigend.
    Dem Mais fehlte zum Schluss das Wasser
    Da die Maisflächen 2016 stellenweise lange unter Wasser standen, wiesen diese Bestände häufig eine unterschiedliche Entwicklung auf. Aufgrund des Wassermangels zum Ende der Wachstumsphase reiften die Restpflanzen sehr unterschiedlich ab. Die Kolbenentwicklung reichte regional von unbefriedigend bis sehr gut. Die Ernte der Maisbestände erfolgte nach den vorliegenden Ergebnissen zwischen dem 6. September und dem 8. Oktober.
    Die mittleren Stärkegehalte lagen mit 308 g/kg TM über dem Zielwert von mindestens 300 g/kg TM (siehe Tabelle 2). In der Folge zeigten sich zufriedenstellende Energiegehalte von 6,7 MJ NEL/kg TM (Spannbreite 6,2 bis 7,9 MJ NEL/kg TM). Der mittlere NDF-Gehalt betrug 368 g/kg TM. Die Enzymlöslichkeit der organischen Substanz (ELOS) erreichte im Mittel 67 %. Jedoch lagen 37 % der Silagen unter dem Zielwert. Entsprechend weisen einige Silagen eine unbefriedigende Verdaulichkeit der Restpflanze auf. Der mittlere TM-Gehalt lag mit 34 % im Optimalbereich.
    Fazit 2016
    Die extreme Spannbreite der untersuchten Silagen zeigt die Notwendigkeit einer einzelbetrieblichen Futteranalyse auf. Neben den teilweise unbefriedigenden Futterwerten traten 2016 häufig Probleme bei der Gärqualität des Grundfutters auf. An das LAZBW wurden sehr viele Anfragen bezüglich einer vorzeitigen Entnahme des ersten Schnittes, der Ernte von überständigem Futter von feuchten Flächen und vor allem Problemen mit Nacherwärmung gestellt. Einzelbetrieblich scheinen das Abstimmen der  Silierkette und ein zu geringer Vorschub in der Praxis Probleme zu bereiten.