Doppelbehandlung mit Getreidefungiziden ist nicht immer wirtschaftlich
Das Ziel von Fungizidbehandlungen im Getreide ist es, die obersten Blätter und die Ähre zur Sicherung der Ertragsbildung frei von Befall zu halten. Dafür müssen die Fungizidbehandlungen während des Schossens (ES 31) bis zum Grannenspitzen (ES 49) bei Befallsbeginn durchgeführt werden. Durch die Kombination von verschiedenen Wirkstoffen kann sowohl eine begrenzte heilende (kurative) Wirkung gegen vorher erfolgte Infektionen als auch eine gute Dauerwirkung gegen nachfolgende Infektionen erzielt werden. Dabei bringen die Azolwirkstoffe eine kurative Wirkung und die Strobilurin- sowie die Carboxamid-Wirkstoffe einen lang andauernden Schutz.
In den Landesversuchen Baden-Württemberg wurden im Jahr 2014 vom amtlichen Pflanzenschutzdienst Fungizide mit neuen Wirkstoffen in Gerste und Weizen geprüft. Die Ergebnisse dieser Versuche sind in den Abbildungen 1 bis 3 in Form von Balkendiagrammen dargestellt. Eine Zusammenstellung der empfohlenen Fungizide ist im Merkblatt „Pflanzenproduktion 2015” in Tabelle 19 auf den Seiten 32 und 33 zu finden.
Die Behandlungen gegen Ramularia erzielten im Gesamtdurchschnitt Wirkungsgrade von 81 bis 90 %. Da die anderen Blattkrankheiten, die die Gerste schon in früheren Entwicklungsstadien schädigen, nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben, waren die Unterschiede zwischen Doppel- und Einfachbehandlungen gering.
Es liegen sieben Versuchsergebnisse vor (Abbildung 1). Weil für die Prüfmittel (PM) noch keine Preise bekannt sind, wird der durch die Krankheitsbekämpfung erzielte Mehrertrag in dt/ha dargestellt. Es zeigte sich, dass eine einmalige Behandlung gegen Pilzkrankheiten und physiologische Blattflecken in den Stadien ES 37 bis 49 wirtschaftlich sinnvoll war. Doppelbehandlungen brachten tendenziell Mehrerträge, sie waren jedoch nach Bereinigung der Kosten nicht immer wirtschaftlich.Nach den Empfehlungen von ISIP und ProPlant wurden an sechs von sieben Standorten nur Einfachbehandlungen durchgeführt. Meist war dies ausreichend, wenn nur Ramularia als ertragsrelevant eingestuft war.
ISIP und ProPlant empfahlen nur aufgrund des frühen Mehltaubefalls im Main-Tauber-Kreis zwei Behandlungen. An allen anderen Standorten wurde nur eine Behandlung vorgeschlagen. In Nürtingen riet Proplant sogar aufgrund des geringen Befalls von einer Anwendung ab.
Bei den fünf Versuchen mit Gelbrostbefall zeigte sich das gleiche Bild. Die frühen Behandlungen in ES 31/32 erbrachten jedoch eine deutlich bessere Wirkung.
In der Abbildung 3 sind die Ertragsergebnisse von fünfzehn Versuchen des vergangenen Jahres im Winterweizen zusammengefasst. Durch die Doppelbehandlungen konnten die Erträge zwar deutlich gesteigert werden. Diese Mehrerträge deckten aber nicht immer die zusätzlichen Kosten. Den höchsten Mehrerlös erbrachte die einmalige Behandlung mit Adexar (Variante 9). Nach den Prognosen von Proplant wurden neun Doppel- und fünf Einfachbehandlungen durchgeführt. An einem Standort wurde keine Behandlung empfohlen. Dem standen nach ISIP eine Dreifach-, acht Doppel- und sechs Einfachbehandlungen entgegen. Im Durchschnitt erzielten beide Prognosemodelle dieselben Mehrerträge. Aufgrund der geringeren Kosten der vorgeschlagenen Pflanzenschutzmittel im Vergleich zu den bei ISIP angewendeten Vergleichsvarianten (Varianten 2 oder 3) war die Proplant-Variante wirtschaftlicher.
Grundsätzlich ist es wichtig, den Weizen zu den folgenden vier Entwicklungsbereichen auf Krankheitsbefall zu kontrollieren und eine Entscheidung über erforderliche Bekämpfungsmaßnahmen zu treffen:
- ES 31/32, Beginn des Schossens, auf Halmbruchkrankheit, Mehltau, Gelbrost und frühe Septoria-Blattdürre;
- ES 37, während des Schiebens des Fahnenblattes, insbesondere auf Septoria-Blattdürre und weitere Blattkrankheiten wie Mehltau, DTR-Blattdürre, Braun- und Gelbrost;
- ES 49/51, Grannenspitzen bis Beginn des Ährenschiebens, auf alle Blattkrankheiten und Befallsgefahr durch Spelzenbräune;
- ES 61/65, Beginn bis Mitte der Blüte, bei besonderer Befallsgefahr durch Ährenfusarium.
In Beständen mit schwachem Befall ist es sinnvoll, mit einer Behandlung noch abzuwarten. Eine Bekämpfung der Krankheiten in den Stadien ES 49 bis 51 hat sich als günstig erwiesen. Dann kann mit einer Behandlung mit der vollen zugelassenen oder empfohlenen Aufwandmenge eines Getreidefungizides das gesamte Spektrum der Blatt- und Ährenkrankheiten, ausgenommen Ährenfusarium, bekämpft werden.
Bei Befallsgefahr durch Ährenfusariosen, zum Beispiel bei Anbau nach der Vorfrucht Mais, können in Abhängigkeit von der Witterung späte Behandlungen nach dem Ährenschieben zum Beginn der Blüte notwendig werden. Diese Maßnahme wirkt nicht mehr gegen die früher auftretenden Blatt- und Ährenkrankheiten. Die Bekämpfung der Fusariumpilze muss immer als eine spezielle Behandlung zur Verhinderung von Ährenbefall angesehen werden, die zusätzlich notwendig werden kann.
Die Bekämpfungserfolge können nur durch eine Kombination von mehreren Wirkstoffen mit unterschiedlicher Wirkungsweise gesichert werden. Aufgrund dieser Erfahrungen werden auch die neuen Wirkstoffe aus der Gruppe der Carboxamide in den angebotenen Mitteln mit Wirkstoffen aus anderen Wirkstoffgruppen kombiniert. Damit kann nach derzeitigem Kenntnisstand einer Resistenzentwicklung entgegengewirkt werden. Wegen der Gefahr einer Resistenzbildung empfiehlt der amtliche Dienst Carboxamide nur einmal und mit ausreichend hoher Aufwandmenge in der Spritzfolge einzusetzen. Die Wirkungsweise der Carboxamide wird optimal ausgenutzt bei einer Anwendung während der Schossphase bis zum Beginn des Ährenschiebens.