Den Problemlämmern eine Chance geben
Vor allem bei spätreifen Rassen führt eine zu frühe Anpaarung dazu, dass die junge Mutter oft psychisch noch nicht in der Lage ist, Lämmer fürsorglich aufzuziehen. Es gilt zu verhindern, dass gerade bei Mehrlingsgeburten die Mutter in der Prägungsphase den Überblick über ihre Lämmer verliert. Die Mutter-Kind-Beziehung kann am besten in der Ablammbucht hergestellt werden. Dabei sollte die Mutter aber schon vor der Geburt in die Einzelbucht gebracht werden. Wenn ältere Muttern die Lämmer nicht annehmen, sollten sie aus der Zucht ausgeschlossen werden. Manchmal fördert das Fixieren der Mutter und das gezielte Ansetzen der Lämmer die Akzeptanz.
Biestmilch soll grundsätzlich innerhalb der ersten vier Lebensstunden verabreicht werden. Später können die Immunstoffe der Biestmilch nicht mehr resorbiert werden. Bei Biestmilchmangel gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Versorgung mit Immunglobulinen sicherzustellen:
- Man greift auf tiefgefrorene Biestmilchreserven von einem vorher abgelammten Schaf zurück. Alternativ kann Biestmilch von einem anderen frisch abgelammten Schaf gemolken und getränkt werden.
- Eine einfache Möglichkeit ist die Verwendung von Biestmilch von Kühen. Diese kann man zu einem günstigen Preis bei den meisten Milchkuhbetrieben bekommen.
- Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung von Biestmilchersatz. Diesen kann man als Fertigprodukt beziehen. Das Pulver wird mit warmem Wasser angerührt. Die Erfahrungen damit sind gut.
Zunächst werden die Lämmer mit der Saugflasche getränkt. Die Tränketemperatur sollte zwischen 35 und 40 °C liegen.
Eine zu kalte Tränke kann im Labmagen nur unzureichend eingelabt werden, was dazu führt, dass Milchinhaltsstoffe unaufbereitet in den Darm gelangen und Durchfälle hervorrufen. Sobald die Lämmer zügig saugen, können sie in der Gruppe am Saugeimer mit mehreren Saugern getränkt werden. Sauberkeit bei den Tränkegefäßen ist Grundvoraussetzung für die Aufzucht mit Ersatztränke.
Unterkühlte Lämmer müssen zuerst unter der Wärmelampe auf 37 °C aufgewärmt werden. Danach kann mit der Magensonde („Lammretter”) Milch direkt in den Magen eingegeben werden. Dies gilt auch für Lämmer, die wenig oder keinen Saugreflex zeigen. Lammretter kann man fertig im Handel kaufen oder selbst zusammenstellen aus einer großen Spritze ohne Nadel (50–100 ml), einem Blasenkatheter und etwas Speiseöl als Gleitmittel. Die verabreichten Mengen liegen bei 50 ml. Die Handhabung sollte man sich unbedingt vom Tierarzt oder einem erfahrenen Schäfer zeigen lassen. Bei nicht sachgerechter Handhabung besteht die Gefahr, dass Atemwege verletzt werden. In schweren Fällen ist eine zusätzliche Traubenzuckerinfusion durch den Tierarzt hilfreich.
Am Markt gibt es spezielle Nahrungsergänzer zur Erhöhung der Vitalität neugeborener Lämmer. Wichtige Bestandteile sind zum Beispiel die Vitamine A, D, E, Selen, β-Carotin und Lecithin als Energieträger.
Auch Sauerstoffmangel nach schweren, langen Geburten oder Hinterendlagen ist eine Gefahr. Hier hilft eine systematische Geburtsüberwachung und gegebenenfalls Geburtshilfe. Bei Eingriffen wird mit sterilen Latexhandschuhen gearbeitet. Schleim und Fruchtwasser können durch Schwenken des Lamms aus dem Atmungstrakt geschleudert werden. Das Atemzentrum kann durch kaltes Wasser oder Reize mit Strohhalm in der Nase aktiviert werden. Trockenlecken durch die Mutter, Abreiben mit Stroh und Massagen unterstützen den Prozess.
Eine weitere Ursache für Lebensschwäche ist Selenmangel. Deutschland ist Selenmangelgebiet. Mineralstofffütterung an die Mutterschafe ist ein Muss, um diesem Problem vorzubeugen. Im akuten Fall wird ein Vitamin E-/Selen-Präparat verabreicht.