Tierhaltung | 30. April 2015

Damit der Standplatz sauber bleibt

Von Dr. Michael Götz. Eggersriet/Schweiz
Standplätze und Kühe im Anbindestall sauber zu halten, ist seit dem Verbot des elektrischen Kuhtrainers Ende 2010 noch schwieriger geworden. In der Schweiz, wo dieser schon 2002 für Biobetriebe verboten wurde, haben sich einige Alternativen entwickelt. Zwei Landwirte berichten.
Der mechanische Bügel drückt die Kuh zurück.
Urs Freund im appenzellischen Bühler verwendet in seinem Anbindestall für elf Kühe eine mechanische Steuerung, um den Standplatz sauber zu halten. Dabei handelt es sich um Metallbügel im Nackenbereich der Kühe. Werden sie nach unten geklappt, dann können die Kühe nicht mehr so weit nach vorne an die Krippe stehen. Harn und Kot fallen so nicht auf den Standplatz, sondern dahinter durch den Gitterrost in den Schwemmkanal. Die Metallbügel sind an einem Rohr befestigt, das der Landwirt mittels eines Hebels drehen kann, um alle Bügel gemeinsam nach unten zu klappen. Der Landwirt füttert seine Kühe morgens und abends während je drei bis vier Stunden. In dieser Zeit sind die Bügel nach oben geklappt, sodass die Kühe unbehindert fressen können. Danach werden die Bügel nach unten geklappt und die Kühe stehen zurück.  Der Bügel eignet sich also nicht für Betriebe, in welchen den Kühen während des ganzen Tages Futter vorgelegt wird, zum Beispiel eine totale Mischration (TMR). Die Schweizer Bewilligungsbehörde verlangt ausdrücklich, dass die Bügel nur dann nach unten geklappt werden, wenn sich kein Futter in der Krippe befindet.
Freund hat die mechanische Steuerung 2008 eingebaut. Bis 2006, als der Vater auf biologische Landwirtschaft umstellte, gab es im Stall einen elektrischen Kuhtrainer. Zwei Jahre lang arbeiteten Vater und Sohn ohne Kuhtrainer. In dieser Zeit waren die Kühe oft schmutzig, erzählt der Landwirt. Er musste Euter und Hinterteil oft mit dem Schlauch waschen. Freund sah die Bügel bei einem Kollegen im Dorf und ließ sie ebenfalls in seinem Stall einbauen.
Seither seien die  Kühe – von wenigen Ausnahmen abgesehen – sauber, obwohl er sie praktisch nie putze. Es kommt zwar manchmal vor, dass eine Kuh auf den Standplatz kotet, aber dann fällt der Kot meistens ganz hinten auf den 185 cm langen Standplatz und lässt sich leicht entfernen. „Der mechanische Kuhtrainer wirkt nicht schlechter als der Kuhblitz”, sagt Freund und sieht keinen Grund, dem elektrischen Kuhtrainer nachzutrauern. Es ist schon vorgekommen, dass man vergessen hat, die Bügel abends nach der Fütterung herunterzuklappen. Dann sind die Kühe morgens deutlich schmutziger als sonst.
Urs Freund dreht das Rohr mit den Rückhaltebügeln.
Die Kosten für die Einrichtung bewegten sich vor sieben Jahren bei etwa 200 Euro, erinnert sich der Landwirt. Die Pfosten und das Rohr zur Befestigung der Bügel hat er selbst montiert. Das sei kein Problem gewesen. Die Bügel sind robust, sodass kaum etwas kaputtgeht. Der Einbau hat sich gelohnt, ist Freund  überzeugt. Damit die Steuerung funktioniert, muss der Bügel richtig eingestellt sein. Ist der Bügel heruntergeklappt, darf sich kein Futter im Trog befinden, sonst kommt es zu Druckstellen am Nacken der Kühe, wenn diese versuchen, das Futter zu erreichen.
Die Anbindung selbst hat Freund  mit dem Einbau der Bügel nicht verändert. Er benutzt weiterhin die Anbindung an einem Gleitkolben. Ein Stopprohr über der leicht vertieften Krippenschale hindert die Tiere, dass sie in die Krippe stehen.
Pneumatische Bügel wirken nicht zu 100 %
Unweit von Freund, in Speicher, befindet sich der Bio-Milchwirtschaftsbetrieb von Andreas von Allmen mit einem zweireihigen Anbindestall für 26 Kühe. Hier werden die Bügel pneumatisch gesteuert, das heißt, dass Zylinder mittels Luftdruck die Metallbügel nach oben und unten klappen. Doch nicht alle gemeinsam, sondern nur bei der Kuh, welche gerade kotet oder harnt. Dazu ist der Schwanz jeder Kuh an einem elektronischen Sensor aufgebunden. Dieser erkennt, ob eine Kuh den Schwanz zum Koten oder Harnen hebt. Dann geht ein Impuls an den Zylinder, den Bügel nach unten gegen den Nacken der Kuh zu klappen, damit diese zurücksteht und Kot und Harn in den Schwemmkanal fallen. „Im Großen und Ganzen funktioniert es gut”, sagt der Landwirt. Voraussetzung ist, dass er die Schwänze richtig aufbindet und der Schwanz genügend Haare aufweist. Denn es braucht ein gewisses Mindestgewicht, damit der Sensor anspricht.Der große Vorteil der pneumatischen gegenüber der mechanischen Steuerung ist, dass die Kühe den ganzen Tag über fressen können. Zu 100 % wirkt die Steuerung allerdings nicht, zum einen, weil die Elektronik nicht alles richtig wahrnehmen kann. Vor allem im Sommer, wenn die Kühe wegen der Fliegen unruhig sind und mit den Schwänzen schlagen, kommt es vor, dass die Elektronik den Bügel nach unten klappt, obwohl die Kuh nicht kotet oder harnt. Zum andern haben einzelne Kühe gelernt, dem Bügel auszuweichen, indem sie den Kopf abwinkeln oder schräg stehen. Trotzdem könne er sich nicht mehr vorstellen, den Standplatz täglich ohne diese Steuerung sauber zu halten, sagt von Allmen. Die Gummimatten auf dem 185 cm langen Standplatz hat er mit Kurzstroh eingestreut.
Größter Nachteil der pneumatischen Steuerung sind die hohen Kosten. Teuer ist nicht nur  ihr Einbau, der heute bei etwa 1200 Euro je Kuhplatz liegen dürfte. Es fallen auch jährliche Kosten an, da Staub und Ammoniak der Steuerung zusetzen. Die Anlage ist  schon 20 Jahre alt, sodass vor allem die Zylinder ersetzt werden müssen. Letztes Jahr waren es fünf, von denen  jeder etwa 180 Euro kostete.
Der pneumatische Bügel im Stall von Andreas von Allmen ist nach unten geklappt. Die Kuh steht zum Koten an die Standplatzkante zurück. Über der Krippe ist ein Spanngurt zu erkennen. Er hilft dabei, dass die Kühe eher zurückstehen, wenn sie nicht fressen.
„Wenn ich könnte, würde ich zurück zum elektrischen Kuhtrainer”, sagt der Bio-Landwirt. Der pneumatische Bügel ist nicht nur teuer, sondern in seinen Augen auch nicht so wirksam wie der Elektrobügel, und er macht Lärm. Der Landwirt spricht von einem „nervösen Zischen” der Zylinder beim Ausblasen der Luft.
Zusätzlich zum pneumatischen Bügel hat von Allmen einen Spanngurt über der Krippe
angebracht. Dieser drückt die Kühe, die zu weit nach vorne stehen, nach hinten. Damit funktioniere die Steuerung der Kühe besser. „Darauf würde ich nicht mehr verzichten”, sagt der Landwirt. Das Stopprohr, das er früher verwendet hatte, führte zu vielen Druckstellen am Nacken der Kühe. Damit sie nicht zu weit nach vorne stehen, ist es wichtig, dass sie leicht zum Futter gelangen. Wie bei Freund fressen die Kühe auch bei von Allmen aus einer Krippenschale. Bei den heute üblichen Futtertischen ist darauf zu achten, dass man das Futter öfters nachschiebt.
IG Anbindestall
In der Schweiz werden noch etwa 50 % der Kühe in Anbindeställen gehalten. Es gibt deutlich mehr Anbinde- als Laufställe, da die Bestände in ersteren meistens kleiner sind. Um die Interessen der Landwirte mit Anbindeställen besser zu vertreten, vor allem, um zu verhindern, dass nur noch Laufställe gefördert werden, haben Landwirte im letzten Jahr sogar die „Interessengemeinschaft Anbindestall” gegründet.