Betrieb und Wirtschaft | 16. Juni 2016

Bei Biogas wird noch an Details gearbeitet

Von Christian Dany
Die Bundesregierung hat die Einführung von Ausschreibungen für Biogasanlagen beschlossen. Die Bioenergie-Branche ist zwar glücklich darüber, doch der Kampf geht weiter: Das Ausschreibungsverfahren muss differenziert werden, damit kleinere Anlagen nicht unter die Räder kommen.
Nächstes Jahr werden  Ausschreibungen für Biogasanlagen eingeführt. Sofern gewisse Voraussetzungen vorliegen, können sich  auch  Betreiber bestehender Anlagen für eine zehn Jahre dauernde Anschlussförderung bewerben. Im Gesetzentwurf für das neue EEG, den das Kabinett  vergangene Woche  beschlossen hat, ist ein Ausschreibungsvolumen von je 150 Megawatt (MW) in den Jahren 2017 bis 2019 und je 200 MW für   2020 bis 2022 vorgesehen.
 Zu der Einigung war es im Nachgang der Ministerpräsidentenkonferenz gekommen, nachdem Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer  bessere Förderbedingungen für Biomasse zur Bedingung für die Zustimmung zur EEG-Reform gemacht hatte.  „Es freut uns, mit welcher Zielstrebigkeit sich einige Bundesländer, insbesondere Bayern, für die Bioenergie eingesetzt haben”,  sagte Dr. Claudius da Costa Gomez, Hauptgeschäftsführer des Fachverbands Biogas.
Güllekleinanlagen bis 75 kW sind vom Ausschreibungsverfahren ausgenommen.

 Im ersten Entwurf  war nur ein Zubau von 100 MW für neue Biomasseanlagen vorgesehen. Ausschreibungen unter Einbeziehung bestehender Anlagen sollten erst später auf dem Verordnungsweg eingeführt werden. Die jetzt festgelegte Ausschreibungsmenge von 1050 MW in den kommenden sechs Jahren bezieht sich sowohl auf den Neubau als auch die Anschlussförderung von Bestandsanlagen.
In den EEG-Anfangsjahren 2000 bis 2004 wurden hauptsächlich Anlagen für feste Biomasse gebaut. Zum Großteil sind das Altholz-Kraftwerke und aus dieser Richtung kam auch der Druck aufs Tempo für eine Anschlussregelung. Genau diese Kraftwerke sollen jetzt aber bei den Ausschreibungen außen vor bleiben wegen der „ordnungsrechtlichen Verwertungspflicht” von Altholz.
Dagegen wurden beim Biogas bis 2004 nur einige kleine Anlagen gebaut, die zu einem beträchtlichen Teil sogar später mit neuem Inbetriebnahme-Zeitpunkt erweitert wurden. Vor 2024 fallen also nur wenige Biogasanlagen aus der Vergütung, sodass das Ausschreibungsvolumen als gut ausreichend bewertet werden kann.
Vor allem eines ist mit dem Gesetzesentwurf jetzt  vom Tisch: Mit dem Weg über die Verordnungsermächtigung hatten die Bioenergieverbände ein „Auf-die-lange-Bank-Schieben” der Biomasse-Ausschreibungen befürchtet.  Der Fachverband Biogas warnte schon mit einer bundesweiten Protestaktion vor der drohenden Stilllegung vieler Anlagen.
Folgende Voraussetzungen für die Teilnahme von bestehenden Anlagen an den Ausschreibungen sieht der Gesetzentwurf nun vor: Nur Anlagen ab 150 kW, deren Vergütungsdauer noch maximal acht Jahre beträgt, dürfen teilnehmen. Erhält eine Anlage einen Zuschlag der Bundesnetzagentur, muss sie in einem Zeitraum von ein bis drei Jahren in den neuen Vergütungsanspruch wechseln. Geboten werden soll auf den anzulegenden Wert, worunter die Vergütung in Cent/kWh zu verstehen ist, wie sie derzeit kraft EEG bezahlt wird. Für das Gebot einer Bestandsanlage wurde ein Höchstwert von 16,9 Cent je kWh für das Jahr 2017 festgehalten.
 Zusätzlich soll der Wert noch begrenzt werden auf den durchschnittlichen anzulegenden Wert, den die Anlage in den letzten drei Jahren vor dem Gebotstermin erzielt hat. Außerdem muss die Anlage kraft Bescheinigung eines Umweltgutachters für einen bedarfsorientierten Betrieb geeignet sein, wobei die Bemessungsleistung 50% der installierten Leistung nicht überschreiten darf. Pro Anlage sollen nur bis zu 50% Getreide und Mais eingesetzt werden dürfen. Dieser neue „Maisdeckel” sinkt dann in zwei Stufen bis auf 44% ab dem Jahr 2021.
Es gibt Ausnahmen vom Ausschreibungsverfahren. Bestimmte Anlagentypen sollen eine Festvergütung nach der bisherigen EEG-Systematik bekommen. Im Gesetzentwurf werden die Sondervergütungsklassen für die Vergärung von Bioabfällen mit anschließen-
der Kompostierung sowie für Güllekleinanlagen bis 75 kW aus dem EEG 2014 übernommen.
 Die Bioenergieverbände fordern jedoch eine weitere Sonderklasse für besonders systemdienliche Bestandsanlagen mit einer Bemessungsleistung bis zu 500 kW, die eine Wärmenutzung von mindestens 60% (inklusive Fermenterbeheizung) aufweisen, ihre Stromerzeugung im Tages- oder Jahresverlauf flexibel am Bedarf ausrichten und mindestens 50 Masseprozent ökologisch besonders wertvolle Substrate einsetzen, wie Rest- und Abfallstoffe oder mehrjährige Ackerkulturen.
Impulse aus dem Südwesten
Der Hintergrund ist hier die Einigung des Fachverbands Biogas mit dem „Arbeitskreis Biogas Südwest”. Diese Gruppe aus Biogasanlagen-Betreibern und Erneuerbare-Energien-Akteuren aus Südbaden hatte sich geweigert, Ausschreibungen für Bestandsanlagen zu akzeptieren, und stattdessen ein alternatives Anschlussförderungs-Modell entwickelt, das im Wesentlichen auf eine Verlagerung des Schwerpunktes der Biogasproduktion auf den Winter setzt.   Mit seinem Ansatz scharte der AK Südwest viele Anlagenbetreiber in Südbaden um sich und fand auch überregional bei einigen Branchenorganisationen Anklang. Es drohte schon die Spaltung der Branche.  Politiker, vor allem in der CDU Baden-Württemberg, zeigten sich jedoch irritiert über die völlig anders lautende Forderung. Der Fachverband einigte sich mit dem AK Südwest, indem er die wesentlichen Teile von dessen Modell unter seine Forderungen nach Ausnahmen von der Ausschreibungspflicht aufnahm. Es erscheint jedoch nicht sehr wahrscheinlich, dass eine Festvergütung für besonders systemdienliche Anlagen noch über das parlamentarische Verfahren ins Gesetz kommt.
 Außerdem ist noch unklar, wie es mit Anlagen unter 150 kW weitergehen soll. Die Bioenergieverbände wünschen sich hier eine De-minimis-Regelung, wonach diese Anlagen auch ohne Zuschlag in einer Ausschreibung eine Vergütungsberechtigung in Höhe des höchsten bezuschlagten Gebots erhalten.
Faktorisieren
Ebenfalls noch offen sind zwei  Knackpunkte: Soll beim Ausschreibungsdesign nach Leistungsklassen respektive nach Einsatzstoffen unterschieden werden? Die Bioenergieverbände fordern, die Anlagengröße sowie die Kostenstruktur der Einsatzstoffe bei der Ermittlung der Zuschlagsreihenfolge zu berücksichtigen.
 Zustimmung erfahren sie von den drei Bundesländern Bayern, Thüringen und Rheinland-Pfalz: Das von den drei Ländern vorgelegte Ausschreibungsmodell enthält sogenannte „Korrekturfaktoren”: Um die Vergleichbarkeit in einer gemeinsamen Ausschreibung herzustellen, sollen die Gebote bei der Festlegung der Zuschlagsreihenfolge durch die Bundesnetzagentur „faktorisiert” werden. Faktoren seien nach fünf Größenklassen, zwei Einsatzstoffklassen (NaWaRo/Bioabfall und feste Biomasse) sowie nach Neu- und Bestandsanlagen zu differenzieren.
Noch ist im Gesetzentwurf nichts von derartigen Faktoren zu lesen. Für die Bioenergie-Branche heißt das: weiterkämpfen und über Bundestag oder Bundesrat noch Änderungen zu erwirken versuchen. „Der dringendste Änderungsbedarf besteht nun darin, einen fairen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Anlagenklassen zu erreichen. Bayern, Rheinland-Pfalz und Thüringen haben ein Konzept vorgelegt, das wir unterstützen. Nun müssen sich die Parlamentarier dafür einsetzen”, gibt Bernd Geisen vom Bundesverband Bioenergie die Parole aus. Im Sinne einer dezentralen Energiewende erscheint es unabdingbar, kleinere Anlagen in einem differenzierten Modell zu stärken.